"Perlen des Lokaljournalismus" sind, wenn Riesenfische aus dem Po gezogen werden. Jörg Homering-Elsner im Interview über seine beliebte Facebook-Seite, die missglückte Headlines sammelt.
Perlen des Lokaljournalismus
Perlen des Lokaljournalismus
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Perlen des Lokaljournalismus
Als die Seite "Perlen des Lokaljournalismus" am 28. März 2014 auf Facebook eröffnet wurde, hätte wohl niemand mit einer derartig großen Resonanz gerechnet. Fünf Monate und beinahe 110.000 Likes später, bekommt man täglich Perlen vorgeworfen, die einem durch ihre unfreiwillige Komik den Tag ein bisschen besser machen.
Ob suboptimal formuliert oder einfach mal vergessen den Blindtext auszutauschen – Stilblüten sind manchmal Gold wert. Sogar die Auflösung einer Lepra-Gruppe kann so viel mehr Spaß machen, als sie es eigentlich sollte. Fehler passieren nun mal, und wenn man die Fanpage verfolgt, weiß man mittlerweile auch, dass die großen Zeitungen dafür nicht weniger anfällig sind. Am meisten schätzt man jedoch noch immer besagte Lokaljournalisten, die mit Schockern wie "Junger Mann fällt fast von Rad" auf süß-verzweifelte Art versuchen, das Sommerloch zu stopfen.
Jörg Homering-Elsner ist selbst einer von ihnen und steckt hinter der Seite. Vorschläge von Fans trudeln täglich in sein Postfach, anschließend werden sie von ihm ausgemerzt und mit Bildunterschriften versehen, die oftmals sogar lustiger als die eigentlichen Perlen sind. Im Interview spricht er über sprachbedingte Schmäh-Probleme mit Österreichern und einen geplanten Bildband.
Die Facebook-Fanpage zählt derzeit über 100.000 Likes. Gab es ein einschneidendes Posting, mit dem die Zahlen hochgingen oder war es ein stetiger Anstieg? Wie kann man überhaupt innerhalb von fünf Monaten so viele Likes bekommen?
Die Resonanz überrascht mich jeden Tag von neuem. Unternommen habe ich dafür eigentlich nichts, es ging einfach stetig aufwärts. Eine Facebook-Seite hat man in fünf Minuten eingerichtet, alle Freude einladen, fertig. Das hat dann Kreise gezogen: Nach zwölf Stunden hatte die Seite 1.000 Likes, nach drei Tagen waren es 7.000, jetzt, nach fünf Monaten, sind es rund 110.000 Abonnenten. Einen gewissen Schub hat die Seite immer nach Interviews bekommen. So haben zum Beispiel bild.de, drehscheibe.org oder hogn.de über die "Perlen"-Seite berichtet.
Wie entstand denn die Idee zur Seite?
Jeder macht in seinem Beruf mal Fehler – nur: Bei uns Print-Journalisten stehen sie gleich in der Zeitung. So gibt es, wie vermutlich in jeder Redaktion, auch in unserer seit Jahren eine Pinnwand, an der journalistische Ausrutscher hängen – entweder aus der eigenen Zeitung oder aus denen der Kollegen. Einiges davon habe ich dann und wann auf meine private Facebook-Seite gestellt, bis ein Freund vorschlug, daraus doch eine eigene Facebook-Seite zu machen.
Nach welchen Kriterien werden die veröffentlichten Perlen ausgesucht? Zusendungen müssen ja so einige eintreffen…
Es gibt im Schnitt 30 bis 40 Vorschläge pro Tag, von denen aber nur 20 bis 30 Prozent geeignet sind. Viele schicken mir kuriose und verrückte Geschichten aus der Zeitung, die zwar klasse sind, aber nicht auf die "Perlen"-Seite passen. Ich sammle ja nicht den täglichen Wahnsinn, sondern lustige Ausrutscher der Redaktionen.
Wie viel Zeit beansprucht das Betreiben der Seite? Hat man da riesengroßen Spaß oder ist man langsam routiniert?
Ich lache mich immer noch jeden Abend kaputt, wenn ich meine Mails durchsehe. Ist schon irre, was da manchmal in der Zeitung steht. Viel Arbeit ist das bei dem Spaß ehrlich gesagt nicht.
Werden die Perlen willkürlich rausgehauen oder achtest du da mittlerweile auch auf Tageszeit etc., um eine möglichst hohe Reichweite zu bekommen?
Ich persönlich kann es bei Facebook nicht leiden, wenn ich von einer Seite zugeschüttet werde. Daher bringe ich die "Perlen" eher wohldosiert, eine oder höchstens mal zwei täglich. Die Veröffentlichung lässt sich bei Facebook übrigens prima planen, da kann man für mehrere Tage vorarbeiten. In den Statistiken habe ich gesehen, dass die meisten Fans der Seite um 17 Uhr vor dem Rechner oder dem Handy sitzen – da will ich sie natürlich gerne um 17 Uhr bedienen.
Wir fänden ja bald mal einen Bildband angebracht. Geht das? Bitte?
Gute Idee! Die hatte ich allerdings auch schon. Etwas in der Richtung ist in Arbeit.
Musst du jetzt eigentlich akribisch genau darauf achten, bei den Bildunterschriften keine Fehler zu machen? Wäre ja schon peinlich.
Stimmt, das ist peinlich. Ist mir auch schon mal passiert, ein dicker Rechtschreibe-Bock. Aber darauf wird man dann in den Kommentaren schnell hingewiesen und kann es korrigieren.
Bekommst du auch Zusendungen aus österreichischen Zeitungen? Merkt man da Unterschiede?
Es gibt ja bei Facebook für alles eine Statistik, ich habe mal nachgeschaut: Zehn Prozent der "Perlen"-Fans kommen aus Österreich, davon wiederum die Hälfte aus Wien; nach diesem Interview werden es hoffentlich noch mehr! Natürlich sind auch Vorschläge aus österreichischen Zeitungen dabei, die genauso lustig sind wie aus deutschen oder schweizerischen Zeitungen – etwa die Überschrift "Österreichs Bauern geben zu viel Milch". Manchmal wird es allerdings sprachlich missverständlich, wenn man in Deutschland etwas offenbar anders sagt als in Österreich – und dann der Witz nicht überkommt. Zum Beispiel "23 Protestanten der WM verurteilt" klingt in Deutschland lustig, weil wir wohl mehrheitlich "Demonstranten" sagen würden. "Protestanten" sind bei uns in der Regel evangelische Christen. Für viele Österreicher war das daher nicht witzig, wie ich in den Kommentaren lesen konnte.
Wie sieht jetzt die Zukunft aus? Expandieren in den englischsprachigen Raum?
Ich dachte eher an Arabisch… – Nein, Quatsch: Ich bin mir sicher, der deutschsprachige Raum hat noch ausreichend "Perlen" zu bieten…
Ob die "Perlen des Lokaljournalismus" nach diesem Interview wohl wieder einen Like-Schub bekommen? Fänden wir schon gut. i>Hier entlang.