Am Ende dieser langen Dekade der 2010er Jahre haben wir unsere Redaktion gebeten, ihre Top-Alben und Top-Songs der letzten zehn Jahre zu präsentieren. Das ist bei Pia dabei rausgekommen.
Den Sound der Zehner wirklich festzunageln wird, wenn überhaupt, erst möglich, wenn man sich an diese Bezeichnung gewöhnt hat. Bei mir korrelierte die Dekade zum Großteil mit meinen 20ern und dem quasi Erwachsenwerden, was sich auch in der Musikauswahl widerspiegelt: Große Gefühle, Freiheit und so. Rotziger Indie-Rock musste fast ganz gehen, Elektronisches kam. Hängen bleiben werden mir vor allem psychedelische Tendenzen und hedonistische Discoelemente, die sich wie (blass-)rote Fäden durchzogen, und im Kontrast dazu diese düster-epische Grundstimmung – man denke an HVOB oder die Heimlich Parties. Generell hat österreichische Musik in den vergangenen Jahren natürlich einen davor nie da gewesenen Stellenwert erreicht. Ein bisschen was von all dem findet sich auch in folgenden Listen.
Die besten Alben der 201er Jahre
Platz 10: Parcels – »Parcels« (2018)
Radikale Gute-Laune-Diktatur kann nerven, im Fall der Parcels tut sie es nicht. Die fescheste und fröhlichste Band der Welt und ihr Debütalbum sind fast zu gut, um wahr zu sein und wirkten gegen den Zynismus der Zeit.
Platz 9: Daft Punk – »Random Access Memories« (2013)
Die Mixtape-Kassette mit Daft-Punk-Klassikern war ein Geschenk des älteren Cousins und gehörte zu meinen ersten Musikmedien. Damals konnte ich noch nicht wissen, dass damit meine musikalischen Weichen gestellt wurden. Über zehn Jahre später kam dieses Album, das wie ein finales Statement, wie ein krönender Abschluss von Daft Punks Karriere wirkte. »Random Access Memories« prägte den Sound der Dekade und beeinflusste bestimmt auch andere Erwähnungen dieser Liste.
Platz 8: Moderat – »III« (2016)
Ein Album wie ein Comedown, bevor er scheiße wird: Diese Phase, in der man, noch halb in Ekstase, langsam aber sicher in die Ernüchterung hinuntersegelt. Ich erinnere mich, nach einer viel zu kalten Nacht auf einem Zeltplatz, kurz nach dem Schwur, nie wieder zu campen, der Sonne beim Aufgehen zuzuschauen. Von irgendwo erklingt dabei »The Fool«: Die Welt war in Ordnung, auch wenn ich mir dabei wie ein Klischee vorkam.
Platz 7: Rangleklods – »Straitjacket« (2015)
Die Tracks auf »Straitjacket« sind treibend, seltsam und haben eine extreme Sogwirkung. Rangleklods waren ihrer Zeit voraus, blieben aber unterbewertet. Angeblich gibt es bald ein Comeback.
Platz 6: Bilderbuch – »Schick Schock« (2015)
Die 2010er waren Bilderbuchjahre. Die Lyrics auf »Schick Schock« haben sich mit den eigenen Geschichten zu einer einzigen Erinnerung an die steilsten Exzesse und an wilde Sommer verwoben.
Platz 5: Against All Logic – »2012-2017« (2018)
Nicolas Jaar machte unter dem Namen A.A.L. besonders seinen Fans mit Disconeigung ein überraschendes Geschenk. Die houselastigen Tracks auf diesem Goldstück sind alles andere als monoton und auch das ganze Album ging immer wieder, ohne fad zu werden. Funktionierte zum (funky) Frühstück wie zum Warmwerden für die Nacht.
Platz 4: Tame Impala – »Currents« (2015)
Die Entscheidung für das beste Album von Tame Impala war keine leichte, auch »Inner Speaker« hätte diesen Platz verdient. Auf »Currents« sind aber die Mantren »Let It Happen« und »The Less I Know The Better«.
Platz 3: Jamie xx – »In Colour« (2015)
Die Solosachen von Jamie xx haben wohl für einige, die ihre Teenagerjahre mit The xx verbracht haben, einen Entwicklungsschritt in Richtung elektronische Musik initiiert oder zumindest begleitet. Und schon damals, bevor man »In Colour« komplett zu Tode gehört hatte, wirkten die Songs schon wie alte Bekannte, vielleicht weil man die Handschrift von Jamie eben bereits kannte. Stücke wie »Obvs« gehörten Mitte der Dekade jedenfalls zu den wichtigsten instrumentalen Tracks und fungierten nicht selten als akustischer Trost in schwierigen Phasen. Nach fünf Jahren heavy rotation wär’s jetzt aber an der Zeit, dass Jamie neues Material zur Weiterentwicklung zur Verfügung stellt.
Platz 2: Jungle – »Jungle« (2014)
Wer Jungle hörte, für den war dieses Album mindestens zwei, drei Jahre lang alles. Schuld am Hype waren nicht nur die fast zu perfekten Hits und dieses hypnotische Falsetto, auch die Videos waren geil. Gemischt mit Geheimnistuerei und Coolness erschufen die Londoner aus dem Nichts ein Fantum, dem auch ich zum Opfer gefallen bin (mein Jungle T-Shirt ist das einzige Stück Merch, dass ich jemals ernsthaft getragen habe). Jungle 4-ever!
Platz 1: Weyes Blood – »Titanic Rising« (2019)
Titanic Rising ist nicht mal ein Jahr alt und schon ein zeitloser Klassiker. Natalie Mering prophezeit darauf ein Comeback der wahren Liebe, nach der sich alle (ich mich) in den 2010ern sehnten, und überhaupt ist das Album der perfekte Soundtrack zum Millennial-Dasein: Während man über die Klimakrise nachdenkt und besseren Zeiten nachtrauert, verhelfen die verträumten Sounds zur Flucht in entfernte Galaxien. Dieses Album ist kein Understatement, es geht um nichts weniger als Paradigmenwechsel, Hoffnung, Melancholie. Wirklich großes Kino also, mit einer dem Zeitgeist angemessenen Dosis Dramatik.
Exkurs: Coverversionen
Es ist Kunst, aus guten Songs noch bessere zu machen. Darum hier die 10 großartigsten Coverversionen der 2010er:
Okay Kaya – »Believe« (2019)
Farce – »Kiss Me« (2019)
Dillon – »Wicked Games« (2019)
Soap & Skin – »Voyage Voyage« (2012)
H.E.R. – »Jungle« (2017)
Rosalía – »Bagdad« (2018)
Lower Dens – »Maneater« (2016)
Sophie Hunger – »Le vent nous portera« (2010)
Lana Del Rey – »Summertime« (2019)
Kelsey Lu – »I’m Not In Love« (2019)
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