Soias erstes Album war solide. Ihr zweites ist etwas Besonderes. Denn »H.I.O.P« schafft eine bildgewaltige Hörerfahrung – zugänglich und doch voller unkonventioneller Ideen. Wir präsentieren das Video zum Titeltrack »Hidden in obvious places«.
Oase, Kaleidoskop, Grapefruits auf einem Silbertablett, Kaftane, Blumenkränze, Alice im Wunderland, die eine Wasserpfeife raucht – bei manchen Alben hat man sie sofort, die bildlichen Assoziationen, die Farbtöne: türkis, lila, safrangelb und knallrosa ist Soias »H.I.O.P«, da und dort schillerndes Silber und auch mal ein matter, grünlicher Pastellton. Wo Bilderbuch chemische Softdrinks auf der Copacabana schlürfen, wäre Soias Signature-Drink für ihr zweites Album vielleicht ein eiskalter Minzsirup gespritzt auf einen Halben – mehr bio, aber auch sehr süß. Die Art von Süße, bei der die Zähne auch weh tu können: Hört man nämlich genauer hin, verstecken sich hinter den oft lieblich anmutenden Melodien ganz schön morbide Texte.
Zwischen Jazz und Pop
»H.I.O.P« – Hidden In Obvious Places – vermittelt eine gewisse Leichtigkeit, ohne dabei oberflächlich zu sein. Dafür sind Soia und vor allem ihr Produzent, der umtriebige Jazzpianist Mez, zu tief in Musiktheorie verwurzelt. »Wir sind halt zwischen diesem elitären, künstlerischen Jazz und Populärmusik. Für die einen zu artsy und für die anderen zu wenig«, sagt Soia selbst über die Schwierigkeit, gerade in Österreich eine passende Schublade für ihre Musik zu finden. Was hier jetzt wie ein Nachtteil klingt, ist die große Stärke des neuen Albums, das Soia und Mez auf demselben kleinen amerikanischen Label Record Breakin’ veröffentlichen, wie auch schon ihre erste Kollaboration »Mood Swings« von 2013, der man den Stempel Nu Jazz noch problemlos aufdrücken konnte. Davor wird das Album noch exklusiv für den Raum Japan und Taiwan, Soias Geburtsland, über das japanische Label Sweet Soul Records erscheinen.
Um’s Eck gesungen
»H.I.O.P« changiert zwischen zeitlosem Soul-Feeling und experimentellerem Alt Pop, wird allerdings von Mez’ ausgefeilter Produktion zusammengehalten. Die Track-Abfolge ist von vornherein als Reise durch verschiedene Kulturen, Länder und Stile komponiert und fühlt sich wie eine respektvolle Hommage an eben jene an – kein Zusammenklauen, von eingängigen Samples ohne Kontext, wie es unter dem Stichwort »globaler Sound« nur zu oft passiert. Mehr als auf dem Vorgänger »Mood Swings« zeigt Soia auch, was sie stimmlich, aber vor allem als Interpretin ihrer eigenen Texte kann. Sie wählt auf »H.I.O.P« nicht immer die naheliegende Melodie, experimentiert, spielt mit dem Beat und denkt, ja singt ums Eck. Am schönsten auf »See Me Hollow«, dem vielleicht besten und rundesten Track des neuen Albums, das insgesamt als großer Schritt in die richtige weil eigenständige Richtung gelten darf.
Neben der Musik erzählt »H.I.O.P« natürlich auch viel über eine Art musikalischen und auch persönlichen »Pursuit of Happiness«. Für Soia kam es nie in Frage, auf einem österreichischen Label zu veröffentlichen, auch wenn das vielleicht einfacher wäre. Live will sie nur mit Band spielen, obwohl die Gagen nicht höher werden, nur weil mehrere Leute auf der Bühne stehen. Hier macht sie keine Kompromisse. Vielleicht gerade weil das Musikmachen – der kreative und der organisatorische Part – bei ihr neben einem Brotjob Platz finden muss und sie keine Zeit für halbe Sachen hat. Das Resultat: Eine Ernsthaftigkeit und Leidenschaft, die man dem Endprodukt anhört.
Soia spielt am 22. Oktober bei SoiaJojaWibe presented by Business Riot und The Gap im Brut. Ihr Album »H.I.O.P« erscheint am 21. Okotber via Record Breakin’ weltweit und kurz davor via Sweet Soul Records in Japan und Taiwan. Die Release Party findet am 18. November im Cafe Leopold statt.
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