Katharina Seidler und Nino Mandl, das Popfest-KuratorInnenduo 2018, im Interview

Das Popfest bekommt in seiner neunten Ausgabe wieder ein neues, aber kein unbekanntes KuratorInnenduo: Musikjournalistin Katharina Seidler und Musiker Nino Mandl (Der Nino aus Wien) feilen am neuen Programm. Wir durften ihnen einige Fragen stellen.

Was sind eure persönlichen Ansprüche ans Popfest-Line-up? Wie wichtig ist es euch, dass eure Handschrift zu erkennen ist? Wie schwierig ist die Balance zwischen Niederschwelligkeit und dem Vermeiden allzu erwartbarer Acts?

Nino: Ich lerne viel an Musik kennen. Auch durch Kathi. Es gibt mir einen neuen Einblick, eine neue Sichtweise auf die Musik dieses Landes. Es muss mir schon gefallen. Einiges kenne ich natürlich schon länger, manche Acts würden mich besonders freuen, wenn sie auftreten würden. Ich weiß nicht, welche Acts erwartbar wären.

Katharina: Wir wünschen uns ein Popfest, das in die Zukunft weist. Natürlich soll unsere Handschrift im Line-up zu erkennen sein, so wie das auch in den vergangenen Jahren der Fall war; klarerweise mögen wir beide aber nicht jeweils ausschließlich, sagen wir, Songwriter-Pop oder Post-Clubmusik. Ich hoffe, dass das Publikum sich einfach auf das Programm einlässt, ohne Scheuklappen. Was die Balance betrifft, möchte ich niemanden ausschließen, nur weil er oder sie eine »erwartbare Wahl« wäre oder schon einmal auf einer Popfest-Bühne gestanden ist. In meinem Traumfestival geht es rein um die Musik, unabhängig von den Konventionen des »Marktes«: Wir finden sie wichtig oder berührend oder spannend oder unterhaltsam oder alles gemeinsam, und daher wünschen wir uns, dass viele Menschen sie hören. Am Popfest, und auch davor und danach.

Habt ihr euch schon auf eine gemeinsame Arbeitsweise verständigt? Ist euch Einstimmigkeit wichtig oder darf jeder auch mal Themen durchsetzen, mit denen der/die andere nichts anzufangen weiß?

Nino: Zuhören ist wichtig. Mitdenken und Respekt. Wir werden ein Team sein.

Katharina: Seitenlange E-Mails, immer chatten, viel treffen: anstrengend, aber effektiv. Bisher ist alles auf geradezu magische Weise harmonisch verlaufen, vor Reibung muss man sich aber nicht fürchten. Ninos Argumente sind gut, und ich gebe mir auch die größte Mühe.

© Yavuz Odabas

Wen werdet ihr, vielleicht weil er oder sie schon sehr oft zu sehen war, sicher nicht buchen?

Nino: Vielleicht den Nino aus Wien.

Beim Electric Spring gab es im letzten Jahr einen Open Call. Ist so etwas auch für das Popfest denkbar?

Katharina: Es gibt – wie jedes Jahr – die Popfest-E-Mail-Adressen des Teams (nino.mandl@popfest.at und katharina.seidler@popfest.at), über die sich Künstlerinnen und Künstler melden können. Einen Open Call in dieser Form möchten wir aber nicht machen.

Zwei Kritikpunkte sind rund ums Popfest immer wieder zu hören. Zum einen: die Veranstaltung verkomme zum Kirtag, bei dem die Musik für viele in den Hintergrund rücke. Und zum anderen: als gut subventioniertes Gratisfestival mache es das Popfest den Wiener Konzertlocations letztendlich schwerer, österreichische Bands zu buchen – einerseits wegen gestiegener Erwartungen hinsichtlich Bandgagen und andererseits wegen der Übersättigung des Publikums. Eure Meinung dazu?

Nino: Ich habe dieses Jahr auf so vielen Gratisfestivals gespielt und hatte ausverkaufte Theater, Shows etc. in Wien. Aber das ist natürlich bei jedem verschieden. Niemand wird gezwungen auf einem Gratisfestival zu spielen. Ich glaube aber, man darf das nicht so einseitig sehen. Es ist nicht alles bei jedem gleich, es ist nicht alles schlecht, nicht alles gut. Ich glaube auch, dass man das gar nicht überbewerten darf. Es ist gut, dass es so ein Festival gibt mitten in Wien. Es ist gut, dass es im Sommer ist. Und es ist gut, dass die Welt danach noch weitergeht, für alle. Vor allem auch für die Musiker. Ich verstehe jede Art des strategischen Denkens, aber in Wahrheit bin ich ein Musikant und so banal es klingt, bedeutet mir vor allem die Zeit auf der Bühne sehr viel. Und wenn man vor vielen Leuten am Karlsplatz spielen kann, ist das schon schön. Aber ich brauch auch die Abwechslung, immer nur Gratisfeste oder immer nur Clubs oder immer nur Theater fände ich auch zu langweilig. Muss jeder seinen Weg finden, damit umzugehen.

Zum Thema Kirtag muss ich sagen, ich war schon öfter auf einem Kirtag, und das ist kein Vergleich zum Popfest. Kann man absolut nicht miteinander vergleichen.

Katharina: Wie gesagt: Ich habe das Popfest immer als Musikfestival wahrgenommen. Ich finde auch allgemein, dass sich die Aufmerksamkeit des Publikums verbessert hat. Ich weiß von vielen Leuten, die dort Lieblingsacts entdeckt haben, und auch von vielen KünstlerInnen, die davon profitiert haben. Dass es das Popfest den anderen BookerInnen schwieriger macht, kann man, glaube ich, so nicht sagen. Es schafft Aufmerksamkeit und stellt Verbindungen her – in einer Zeit im Sommer, in der die Stadt popkonzerttechnisch ein bisschen auf Pause ist. Selbst, wenn man eine Band beim Popfest nicht gesehen hat, sondern nur über ihren Namen im Line-up gestolpert ist, kann das etwas bringen. Bands, die beim Popfest zugesagt haben, planen außerdem tendenziell ihre anderen Auftritte eher so, dass sie nicht unmittelbar am Tag danach in der Stadt zu hören sind. Sie sagen zu, weil sie gerne rund um den Karlsplatz spielen, und nicht, weil das ihre Karriere zerstört.

Zum Abschluss: Bis wann muss euer Programm stehen? Wann wird es bekanntgegeben?

Katharina: Erste Namen aus dem Line-up wird es Anfang April geben, das vollständige Programm wie immer etwa vier Wochen vorher. Wir haben also noch Zeit; die ersten Anfragen und Verhandlungen laufen aber schon.

Über das KuratorInnenduo:

Katharina Seidler ist Musikjournalistin. Sie arbeitet bei Radio FM4 und schreibt seit 2010 »Katharinas Nachtwache«, die Partykolumne der österreichischen Wochenzeitung Falter. Sie hat für verschiedene Medien wie Skug, The Gap, De:Bug oder Standard Rondo gearbeitet und gestaltet im Rahmen der FM4-Sendung »Im Sumpf« die Rubrik «Die Unordnung der Dinge« für elektronische Musik zwischen Pop, Club und Sounddesign.

Nino Mandl alias »Der Nino aus Wien« ist seit 2008 als Musikant aktiv. Er veröffentlichte bisher acht Studioalben und vier Kollaborationsalben. Er gilt als einer der wichtigsten österreichischen Songwriter seiner Generation und gewann 2016 einen Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie »Alternative«. Mit seiner Band sowie alleine oder im Duo mit Freunden ist Nino Mandl als umtriebiger Live-Performer aktiv und spielt bis zu 100 Konzerte pro Jahr im deutschsprachigen Raum.

Das Popfest findet von 26. bis 29. Juli 2018 am Kunstplatz Karlsplatz statt. Erste Infos zum Line-up gibts im April, hier geht es zur Website der Veranstaltung.

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