Post City, Post Festival

Hätte man dieses Wochenende in Linz jedes Mal, wenn jemand das Wort „Post“ verwendet hat, einen Shot getrunken, hätte man dieses Wochenende vermutlich nicht überlebt. Post City hieß das Motto des AEC-Festivals und gleichzeitig auch das Festivalzentrum. Ein Post Festival Fazit…

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Wo sich dieses Festivalzentrum in Form von riesigen Hallen nahe des Linzer Bahnhofs befinden sollte, war am Anfang eher noch ein Rätsel. Das bei den meisten Linzern scheinbar komplett unbekannte Postverteilerzentrum, in dem gut 20 Jahre alle Briefe und Pakete der Umgebung sortiert wurden, erreichte seinen gebührenden Ruhm erst jetzt – kurz vor dem möglichen Abriss, was mit dem Gebäude wirklich passiert, ist momentan noch unklar. Für das Ars Electronica Festival wurde es zum Festivalzentrum, zur Ausstellungshalle und zur Location für Konzerte und Performances. Und ja, jetzt wo wir wissen, wie toll diese Gebäude sind, werden wir um sie weinen. Danke dafür, AEC.

Industrial Love

Ähnlich große Hallen mit alten Postrutschen, Industrial-Flair, in zentraler Lage und mit genügend Platz für viele unterschiedliche Ausstellungen findet man nicht so leicht nochmal. Eine perfektere Location für ein Konzert von Wandl wahrscheinlich auch nicht. Etwa 30 Meter Visuals an der nicht enden wollenden Betonwand, zahlreiche LED-Cluster in der ganzen Halle, der DJ einsam in der Mitte, vom Publikum durch Geleise getrennt – eine solche Szenerie allein ist etwas besonderes – in Kombination mit Wandls Musik wird es zum perfekten akustischen und visuellen Erlebnis bei der Nightline am Freitag. Könnte man diese Gleishalle in eine große Stadt beamen, wäre sie die vermutlich beste Clublocation überhaupt, aber Beamen ist sogar für Post City leider noch ein bisschen zu weit in die Zukunft geblickt.

Post Langeweile

Aber auch in Linz wurden die Hallen ordentlich genutzt. Die verschiedenen Ausstellungen finden in „Stadtteilen“ statt, Wegweiser führen in die einzelnen Districts, die Themen reichen von barrierefreien Spielmöglichkeiten, über Stadtbegrünung, Virtual Reality bis hin zur Flüchtlingsthematik. Nicht nur Ausstellungen, auch Lectures und Diskussionen beschäftigen sich vor allem damit, was Stadtentwicklung leisten kann, was nach der Stadt, aber auch was nach dem Medienboom noch kommt.

Es ist wirklich schwierig, sich als durchschnittlich interessierter Mensch am AEC-Festival zu langweilen, da Themen und Locations in diesem Jahr sehr vielfältig sind. Neben dem Festivalprogramm hatte man mit dem Ticket zusätzlich Zutritt zur Höhenrausch-Ausstellung im Offenen Kulturhaus und zu allen Ausstellungen im Ars Electronica Center. Das Ars Electronica Center selbst war während dem Festival allerdings eher eine Nebenlocation, die Hauptattraktion war der kurz zuvor eröffnete Deep Space 8k, in dem stündlich unterschiedliches Programm geboten wurde.

Samstag ist Markttag

Am Samstag war Markttag in der Post City: Ein „Bauernmarkt der Zukunft“ und der Internetschwarzmarkt „Yami-Ichi“ luden zum Kaufen und Staunen ein. Während es beim Bauernmarkt vor allem um biologischen Land- und Gartenbau in der Stadt ging, konnte man bei „Yami-Ichi“ offline Dinge erwerben und tauschen, die „irgendwas mit dem Internet“ zu tun hatten. Ein gezeichnetes Profilbild oder einen Raspberry Pi(e) zum Beispiel. Reicht vielleicht nicht ganz für ein „LoL“, für ein „haha“ und einen Like aber auf jeden Fall. Thematisiert sollte dabei die einst fröhlich-anarchistische Atmosphäre werden, die den Handel im Netz vor Überwachungsmaßnahmen und kommerziellen Platzhirschen wie eBay, charakterisierte.

OK Day & Night

Eine der Nebenlocations war das Offene Kulturhaus, das dieses Jahr die Cyber Arts Ausstellung beherbergt. Gezeigt werden dabei Preisträger des Prix Ars Electronica, einem der wichtigsten internationalen Wettbewerbe im Bereich Medienkunst. Die Kategorien reichen von Computer Animation über Digital Sound bis zu Hybrid Art.

Nach Ausstellungsende startete die nahezu legendäre OK Night rund um das Kulturhaus mit Performances, Konzerten und einer Kinovorstellung. Die Party danach fand im verglichen mit der Postcity kleinen aber feinen Solaris statt. Die Samstags-Nightline im Solaris zu veranstalten war eine gute und schlechte Idee zugleich. Gut, weil die Solaris-Menschen wissen, wie man feiert und viele Leute mit Drinks versorgt, „schlecht“, weil im Gegensatz zu den Abendveranstaltungen im Postverteilerzentrum die Getränke billiger, die Stimmung besser und im Zuge dessen jegliche Vorsätze, am nächsten Tag möglichst bald bei einer Ausstellung zu sein, vergessen und/oder auf den Nachmittag verschoben wurden.

Das Festival selbst verlautbarte, dass es heuer mit Besuchern "regelrecht gestürmt" wurde. 92.000 Besuche sind es gewesen – angeblich Besucherrekord. Ganz nach dem Motto Post Festival ist jetzt Pre Festival, man darf sich auf das nächste Jahr freuen.

Wer es nicht auf das AEC-Festival geschafft hat und Lust bekommen hat, kann sich einige der Ausstellungen allerdings noch in den nächsten Tagen ansehen. Die Cyber Arts Ausstellung läuft bis 13. September, den Deep Space 8k kann man sich im Zuge eines Ausstellungsbesuches ganzjährig ansehen.

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