Das Happy Lab ist Community, Forschungszentrum, Werkstatt und Kunstatelier: das ist doch mal eine coole Sache – trotz hohem Nerdfaktor.
Als Journalist bekommt man zugegebenermaßen viel in den Hals geschoben. Aber manchmal wird man da von ganz unerwarteter Seite überrascht…
Quasi als Einstimmung auf die Roboexotica, die diese Woche wieder in Wien stattfindet, hat am Freitag das „Happy Lab – Vienna Fab Lab“ eröffnet und zu diesem Anlass zum Pressefrühstück geladen. Trotz Gratis-Essen waren nur drei Journalisten zugegegen. Jemand von der Furture-Zone (eh klar), eine Kollegin von der APA (da können dann alle abschreiben) und jemand „von The Gap" (das „online" bewusst verschweigend). Und ja, der Gap-Reporter war eigentlich auch nur da, weil ihm ein veganes Frühstück versprochen wurde. Und so unglaublich es klingen mag – gerade diese Techniker-Community organisierte die erste Presseveranstaltung, die dieses Versprechen wirklich einlösen konnte (es gab Hummus.)
Kahl
Die Räume, die jetzt neu in Wien-Leopoldstadt (2. Wiener Gemeindebezirk) bezogen wurden, wirken noch ein wenig steril, aber was hier drin passiert ist, spricht eine ganz andere Sprache. Hier wird auf unterschiedlichen technischen Niveaus geforscht, gebastelt und ausprobiert – gleichzeitig werden Community und Open-Source hochgehalten, denn das Happy Lab steht allen offen. Es passiert gleichsam eine Umkehr des klassischen Forschungsbetriebs „Im Gegensatz zur Uni wird Forschung bei uns auf den Kopf gestellt,“ sagt der Managing Director Roland Stelzer. Dieses Bottom-Up-Prinzip würde Potential nutzen, das im klassischen Forschungsbetrieb nicht ausgeschöpft wird. „An einer Uni arbeiten alle Mitarbeiter hierarchisch dem Professor zu. Auch wenn er vielleicht ein großer Visionär sein mag," … so könne bei Happy Lab doch kreativer gearbeitet werden.
Im Hauptraum steht die „Attraktion“ des Happy Lab, die auch die Assoziation an die letztjährige Roboexotica ausgelöst hat: ein professioneller 3D-Drucker. So ein Ding funktioniert tatsächlich wie ein normaler Drucker, nur wird hier am Computer ein dreidimensionales Modell konstruiert – nach ein paar Stunden ist das Modell dann in die Realität umgesetzt. Aus dem Material, aus dem auch Lego ist, trägt der Drucker Schicht für Schicht auf um die gewünschte Form herzustellen. Der Drucker baut sich sogar autonom Stützkonstruktionen aus anderem Material um auch komplizierte Formen herstellen zu können.
Und diese Spielerei hat auch praktische Umsetzungsmöglichkeiten: Jene Gruppe, die gerade an ihrem eigenen RepRap arbeitet, hat Teile dafür hier hergestellt. (Das RepRap-Konzept hat übrigens einen interessanten Anspruch: es soll jeder Person auf der Welt ermöglichen, Alltagsgegenstände herzustellen – unabhängig von Konzernen). Nur wollen sie bei ihrem Drucker dann mit anderen Materialien arbeiten: zum Beispiel Schokolade (meistens nicht vegan).
Auf den zwei Schritten zur Werkstatt ist es schwierig, nicht über den Prototyp eines autonomen „Golfwagerls“ zu stolpern, das sein Schöpfer, der ein bisschen so aussieht als würde er in der Band Weezer spielen, gerade via Infrarot-Verbindung vor sich her führt. Das ganze ist witzigerweise eine Auftragsarbeit, die es golfenden Managern erleichtern soll zwischen zwei Löchern gleichzeitig zu telefonieren, ein Sandwich zu essen und eben ihren Golfwagen zu schieben.
In der Werkstatt selbst finden sich ein Laserschneider („mit drei unabhängigen Achsen"), aber auch ganz normale Hämmer und Schraubenzieher. Das Highlight ist ein Computer-gesteuerter Styroporschneider, der vollständig im Happy Lab entstanden ist und der Community wieder zur Verfügung steht.
Kunst-Nerds und Nerd-Kunst
Das alles ist ja ohne jegliche Ironie sehr beeindruckend, aber wird hier eigentlich unkritischer Technologie-Fanatismus betrieben? Vorstandsmitglied Karim Jafarmadar meint nein: „Dadurch, dass wir viele Künstler haben und Techniker, entwickelt sich automatisch ein Diskurs.“
Und gerade für Künstler eröffnet das Happy Lab neue Möglichkeiten, wie es aussieht. Der Sound-Performer Herbert Gnauer bringt es auf den Punkt: „Ich verstehe von Elektronik gar nichts, aber dafür gibts das Happy Lab.“ Herbert entwickelt zusammen mit dem Lab gerade einen Ganz-Körper-Theremin. Er will dieses Instrument größer aufziehen und mit Tanzperformances verbinden. Technisch muss noch einiges ausgefeilt werden, aber es gibt schon Videos zu dem Versuch Bewegung, Musik und Technik zu verschmelzen – noch sieht das Ganze ein wenig nach Karate-Kid trifft Ausdruckstanz aus, aber die Möglichkeiten erschließen sich schon jetzt.
Und auch der neuseeländische Künstler Damian Stewart nutzt die Infrastruktur des Happy Lab. Er hat gerade beim Art Mart ausgestellt und baut hier Teile für seine nächste Licht- und Sound-Installation: „I’m interested in the perseption of things. How are theses lights seen – how do we see connections between them? How do we make up narratives in which we see these lights communicate with each other?“ Es macht Freude ihm zuzuhören, was sicher auch an seinem Akzent liegt. Auch hier wird der Community-Gedanke sichtbar: Via Open Frameworks wird das gesammelte Know-How Künstlern wieder zugänglich. Damian sagt wofür das Happy Lab eigentlich steht: „We’re building social networks out of technology-based projects.“
Eine Einrichtung wie das Happy Lab kann ein Problem, das sich leider durch sehr viele Bereiche zieht, nur schwer vermeiden: Frauenmangel! Karim meint, etwa 10% der Mitglieder wären weiblich: „Der Kunstbereich bringt die Frauen.“ Vielleicht ziehen ja weitere Kunstprojekte mehr Frauen an. Was das Happy Lab jedenfalls eindeutig zeigt, ist dass sich coole, sozial innovative Projekte und Nerd-haftigkeit nicht mehr ausschließen. Diese Projekte sind in einem Zustand, der wohl nur noch als post-cool bezeichnet werden kann.
Das Happy Lab steht allen Interessierten an drei Tagen der Woche offen. Die Jahresmitgliedschaft kostet 20 Euro, jeden Mittwoch gibt es offene Workshops für Einsteiger.