Ihre Fotoserie "Chinese Fast Food" ertappt die globale Massenernährung mit Ironie und Witz: Zwischen Geschmacksverstärkern, Mundschutz und Konsumrausch hat Anja Hitzenberger die absurde Realität des globalisierten Essens eingefangen.
Chinese Fast Food im Olympiapark, Beijing ©Anja Hitzenberger
Chinese Fast Food im Olympiapark, Beijing ©Anja Hitzenberger
Chinese Fast Food im Olympiapark, Beijing ©Anja Hitzenberger
Chinese Fast Food im Olympiapark, Beijing ©Anja Hitzenberger
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Chinese Fast Food im Olympiapark, Beijing ©Anja Hitzenberger
Anja Hitzenberger arbeitet gerne mit Kontrasten. Kontraste zwischen menschlichen Körpern und deren Umwelt, zwischen Charaktereigenschaften und Stadtgefüge oder einfach nur übertriebene "Soll-Zustände" mit alltäglicher "So-Sein-Realität". "98/330 ib (44/150kg)" ist so ein Beispiel für diese polarisierende Widersprüchlichkeit, welche die Fotografin, Filmemacherin und freie Künstlerin mit ihren Aufnahmen einfängt: Ein magersüchtiges Model posiert mit unterschiedlichen Outfits vor der Kamera – parallel dazu ahmt ein übergewichtiger Mann ihre Bewegungen nach. Bei dieser Diskrepanz ist man sich nicht ganz sicher, wer sich hier über wen lustig macht: Das Model über den Übergewichtigen, umgekehrt oder Hitzenberger über beide.
Ähnlich geht es einem mit ihrem neuesten Projekt, der Serie "Chinese Fast Food", die vom 13. September bis zum 19. Oktober in der Galerie Reinthaler ausgestellt wird. Während eines Aufenthalts in Peking besichtigt die gebürtige Salzburgerin den Olympic Parc und stößt dort auf eine überfüllten Fast-Food-Halle. Schockiert von der Art und Weise wie das Essen präsentiert und massenabgefertigt wird, belustigt von den gelangweilten Blicken der Verkäufer und fasziniert von den beinahe kitschigen und knallbunten Verkaufsständen, zückt sie die Kamera. Abgsehen von einem flauen Gefühl im Magen fragt man sich, was der Westen von dieser Momentaufnahme lernen kann.
West-Ost Fusion
Was die Globalisierung aus einer Essenskultur gemacht hat zum Beispiel: Heutzutage bekommt man in Afrikas ärmster Hauptstadt Addis Abeba in Äthiopien die gleichen McDonalds-Hamburger wie in Wien auf der Mariahilfer Straße. Zugleich schlägt die heimische Fast-Food-Industrie Profit aus traditionell chinesischen Mahlzeiten. Hitzenberger beobachtete in Peking: "Vereinzelte Stände haben traditionell chinesische Produkte angeboten, der Großteil hat aber Twist Potatoes oder Spaghetti verkauft."
Fast-Food Nation?
Die Fotografin ist gleich nach ihrer Matura in Österreich nach New York ausgewandert und bis heute dort geblieben. Als Amerikanerin sieht sie sich trotzdem nicht, denn man könne New York keineswegs mit dem Rest der USA vergleichen – auch was das Essen betrifft: "In New York gibt es Bauernmärkte, die täglich ihre frische Ware im Freien verkaufen. In vielen anderen Staaten in Amerika haben die Bewohner, vor allem in ärmeren Gegenden, nicht einmal einen Supermarkt in ihrer Nachbarschaft und sind regelrecht gezwungen bei Fast-Foodketten zu essen, weil es kilometerweit kein frisches Gemüse oder Früchte zu kaufen gibt."
Phänomen "Essen"
Vorurteile wie "Fast Food Nation" müssen also nicht immer stimmen. "Am Ende ist jeder selbst für seine Ernährung verantwortlich, das beginnt bei der eigenen Erziehung, kann in psychologische Probleme gipfeln oder schlicht und einfach an extremst mächtigen Firmen wie "Monsanto" liegen", vermutet die Künstlerin. In ihrer Fotoserie nähert sich Hitzenberger dem Thema diesem Internatinalisierungs-Wahnsinn mit Witz und Ironie.
Anja Hitzenberger ist gebürtige Salzburgerin, lebt aber seit ihrer Matura in New York. Die Fotografin, Filmemacherin und Medienkünstlerin war jahrelang Vertraute und Assistentin der Pop-Art Künstlerin Kiki Kogelnik.
Ihre aktuelle Ausstellung "Chinese Fast Food" startet ab 12. September in der Galerie Reinthaler, Photoatelier Setzer-Tschiedel Museumstrasse 5, Dachgeschoss, 1070 Wien