Zwei Herren, vier Daumen. Kleine Heldentaten

Sprachliche Streubomben

Christian Futscher widmet sich in seinem Sammelsurium „Zwei Herren vier Daumen“ dem Lesen, Briefschreiben, Alkohol, Märchen und Fragmenten. Aberwitz und Irrsinn auf den Punkt gebracht. Kurz und bündig nämlich.

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Kurz ist super. Pointiert ist super. Christian Futscher ist auch super. Wer‘s nicht glaubt und wer ihn vielleicht noch immer nicht kennt, lese doch das aberwitzige Sammelsurium „Zwei Herren, vier Daumen. Kleine Heldentaten“. Kurz- und Kürzestprosa, Aphorismen, feingeistig Poetisches und aberwitzig Absurdes hat der Autor darin versammelt. Vorangestellt hat er dafür Vladimir Kazakovs Zitat „Tja, Kürze ist beinahe Heldenmut.“ Ist das wichtig? Mitunter, weil es beim überall herrschenden Geschwafel oftmals auch Eier braucht, Sachen auf den Punkt zu bringen und so indirekt keine Widerrede zu fordern. Ebenso ist es kein Schaden zu wissen, dass der Autor seit 17 Jahren in Wien einen Stadtheurigen gepachtet hat. Findet sich doch viel Wahrhaftiges auf der kleinen Wegstrecke zwischen Bar und Urinal. Dort, wo der Weg mit Bierschaum gepflastert ist und es Spritzer regnet. Wobei, bitte das jetzt keinesfalls misszuverstehen – Futscher ist kein Häuslpoet. Vielmehr präsentiert sich der gebürtige Vorarlberger mit seinen scharfsichtigen Beobachtungen als Ur-ur-ur-Großneffe Georg Christoph Lichtenbergs und stoppelte so ein Sudelbuch im besten Sinne zusammen. Und zwar ein sprachlich ziemlich hardcoremäßiges, denn Futscher liebt es zu schleifen, zu polieren, um in der nächsten Zeile zu zertrümmern. Oder anders gesagt: Seine Sätze, seine Einfälle gleichen Streubomben – sind Sprengkörper im Sprengkörper, von dem einiges gleich, einiges später und manches erst dann explodiert, wenn man meint, der Krieg sei schon vorbei.

/„Die Liebe in Zeiten der Grippe / kommt ohne Zungenküsse aus, / aber nie und nimmer ohne Bücher“/, klärt Futscher im ersten von fünf Kapiteln, das thematisch dem Lesen und Büchern gewidmet ist. Im Kapitel „Bier“ wird König Alkohol gewürdigt. /„Der schmächtige alte Herr zerriss den Arztbefund, verkündete lautstark, dass alle Ärzte Trotteln seien und bestellte ein großes Bier und einen kleinen Sarg“/, heißt es. Am Ende des Satzes lauert Verderben. Oft, nicht immer, aber der Leser wird so jedenfalls bestens auf die kleinen Highlights des Fatalismus vorbereitet, die noch folgen sollen. /„Liebe Füße, / wenn ihr weiterhin so stinkt, / lasse ich euch amputieren. / Ich meine es ernst, / euer Radikalinski“/ oder auch : /„Liebes Glied, / krieg ich dich hoch, herrscht Friede, / krieg ich dich nicht hoch, herrscht Krieg. / Also überlege dir gut, was du tust. / In alter Geilheit, / dein Anhängsel“/

Eine großartige Werkschau aus der Schublade, die auf einen neuen, im Sommer erscheinenden Roman von Christian Futscher einstimmt.

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