A Winged Victory For The Sullen

Eine kleine Tiefton-Nachtmusik: Experimentelle Ambient/Drone-Collagen treffen auf Klassik-Improvisationen am Bösendorfer.

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Zuallererst: Dieses Album hat schon drei Review-Anfänge hinter sich. Bei jedem Versuch, “A Winged Victory For The Sullen“ abends zu rezensieren, bin ich ins Reich des Unbewussten übergetreten – soll heißen: eingeschlafen. Und das liegt vor allem an der Musik. Dies darf jetzt nicht als Widerspruch verstanden werden: Das Album ist nämlich sehr gut gelungen. Als kleine Nachtmusik funktioniert es fast schon zu gut. Vor allem ist “A Winged Victory For The Sullen“ ein mit Bedacht instrumentiertes Instrumentalalbum: Sieben Soundlandschaften lang proben Stars Of The Lid-Mitglied Adam Wiltzie und Komponist Dustin O‘Halloran die Annäherung an die absolut harmonische Imagination. Als Gastmusiker tönen zudem die isländische Cellistin Hildur Gudnadottir sowie Erased-Tapes Labelkamerad Peter Broderick auf der Violine aus den Lautsprechern.

Was die hochkarätige Besetzung hier auftischt, ist ein Mittelding zwischen experimentellen Ambient/Drone-Collagen und Klassik-Improvisationen. Eingespielt wurde das Album voll analog mit einem 50er Jahre Bösendorfer Klavier und einem handgemachten Fazioli Fügel u.a. in der Grunewaldkirche in Berlin sowie den ehemaligen DDR-Radiostudios an der Spree.

Besondere Betonung fanden im Aufnahmeprozess die tiefen Frequenzbereiche. Es brummt, vibriert und hallt, aber in einem so unaufdringlichen Spektrum, dass das Endprodukt trotz der wuchtigen Tiefen sphärisch, langsam und (im guten Sinne) einlullend klingt. Die sieben Tracks gehen auch dermaßen ruhig ineinander über, dass es schwer ist, spezifische Momente des Albums hervorzuheben. “Steep Hills Of Vicodin Tears“ wäre ein Anspieltip, um sich mit der Atmosphäre dieser Musik vertraut zu machen. Hier werden die Klangeigenschaften dieser wundersamen Aufnahmen am besten wiedergegeben, das Stück trägt so etwas wie die Essenz dieser Platte in sich.

“Reqium For The Static King Part One“ ist eine tieftraurige Reminiszenz an den jung verstorbenen Singer/Songwriter Mark Linkous (Sparklehorse). “All Farewells Are Sudden“ überführt die Reise durch den Drone-Ambient-Raum ins Komplimentärgefühl der Bodenhaftung: Das Album endet dadurch mit einem Gefühl von sinnlich-harmonischer Wiederkehr – so man bis dahin nicht bereits selber in Traumlandschaften wandelt.

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