Alienation

Entfremdet – Ja, Slut gibt es noch. Fünf Jahre nach dem letzten Album wollten die Ingolstädter mit etwas ganz Großem aufwarten. Gelungen ist dies, naja, ganz okay.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Slut waren übrigens die, die uns diese genialen wie simplen (Anti-)Herzschmerz-Hymnen „Easy To Love“ und „If I Had A Heart“ geschenkt haben. Gerade mit Letzterer haben sie die sogenannte Liebesballade ein bisschen revolutioniert – „If I had the guts, I’d become your murderer.“ Großartig. Sie waren auch die, die ein paar Stücke der „Dreigroschenoper“ von Kurt Weill und Bertolt Brecht neu vertont haben. Auch das war großartig. Dann war da noch 2009 diese Kollaboration mit der Schriftstellerin Juli Zeh und plötzlich sind vier Jahre vergangen. Jetzt machen sie wieder Musik und rufen mit den Songs auf „Alienation“ leider nicht mehr ganz dieselben Emotionen hervor, wie damals. Aber man ist halt auch älter geworden. Eh wie die Band. Und nachdem man das mit den fünf verschiedenen Produzenten, mit denen sich das Quintett um Chris Neuburger für die neue Platte umgab, schon aus Spex, Musikexpress und Co. kennt, wollen wir hier dementsprechend nicht darüber nachdenken, ob zu viele Köche den Brei verderben, sondern ob „Alienation“ grundsätzlich ein gutes Album ist. Ist es eh. Irgendwie.

Etwas orientierungslos geht es los mit „Anybody Have A Roadmap?“, welches sich musikalisch beinah deckungsgleich dem Titel anpasst, weiß man doch nicht, wohin dieses entfremdete Clubintro die einstigen Indierock-Barden geleiten soll. Die nachfolgende erste Singleauskopplung „Next Big Thing“ klingt schließlich schon eher nach dem gewohnt unkomplizierten Gitarrenrock, den man von der Band schätzt. Bloß ein wenig angespannter, verkrampfter, weniger lässig. Als hätten Slut ihren grau-schwarzen Humor und ihre burschikose Verschmitztheit irgendwo in der Vergangenheit zwischen Mackie Messer und Corpus Delicti liegen lassen. So auch bei „Broke My Backbone“. Die Songs sind allesamt gut, es fehlt ihnen jedoch an Charakter. Es ist teilweise so, als wäre – wie Track Nummer vier zu prophezeien vermag – alles Show, dabei ist gerade dieser einer der wenigen, der eben genau das nicht zu sein scheint und dabei paradoxerweise ganz kleinlaut daherkommen.

Dieser Eindruck bleibt auch für den Rest des Albums bestehen. Sollte man sich schließlich doch auf die vielen Köche hinausreden, die Slut den Brei verdorben haben? Vielleicht. Wir fordern jedenfalls wieder mehr Selbstbestimmung und Herz für die Band mit dem Namen, den man so (un)gern googlet.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...