Am Anfang war das Licht

Die Lichtesser kommen
P.A. Straubingers Film „Am Anfang war das Licht“ geht ziemlich naiv der Behauptung nach, dass es Menschen gibt, die ohne Essen und ohne Flüssigkeit überleben können.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Ein einziges Beispiel würde genügen – wird nur ein Phänomen nachgewiesen, das nicht erklärt werden kann, gilt eine Theorie als widerlegt; ein Säugetierfossil aus dem Kambrium und wir können die Evolutionstheorie kübeln, ein schwebender Mensch und wir müssen die Physik umschreiben, ein Mensch, der ohne Nahrung und Flüssigkeit auskommt und unser bisheriges Bild von Physiologie ist gestorben. Hat P.A. Straubinger diesen einen Menschen gefunden?

Gesucht hat er weltweit. Ö3-Kinoredakteur Straubinger führt das Publikum von seinem Wohnzimmer in die Schweiz, nach Indien, nach China und zurück in den Westen, in die USA und in das Wiener AKH. Alles ganz hübsch gemacht, in ansprechendem Doku-Stil und mit geradezu klassischem Aufbau. Entlang der Protagonisten hangelt sich der Plot vom Zweifel, über Wunder, hin zu Skurrilitäten, rein in die Religionen und hinüber zur Wissenschaft – jedenfalls zu etwas, das nach Wissenschaft aussieht. Die Kamera reist herum und lässt sich Märchen erzählen – und so hätte es ein netter Film werden können, der von einem Phänomen erzählt, das Bestandteil vieler Mythologien geworden ist, das in der katholischen Heiligenschar auftaucht, bei indischen Jains oder chinesischen Mönchen.

Aber P.A. Straubinger ist ein Suchender mit einer Mission und Lichtnahrung ist dabei nicht das Ziel sondern nur das Vehikel – wenn das Phänomen echt ist, brauchen wir ein neues Weltbild. Gegen Ende des Films wird die angebliche Doku über Lichtnahrung immer mehr zu einem „Best of“ – beziehungsweise „Who is who“ – der Esoterikbranche: Wenn die Wissenschafter zu Wort kommen passiert etwas Ärgerliches: Die wenigsten Zuseher werden deren Aussagen einordnen können, die wenigsten werden wissen, dass ein Großteil der auftauchenden Professoren und Doktoren höchst umstritten ist; und der Film gibt hier keine Hinweise. Interessierte sollten zumindest Sheldrake, Biophotonen und Dahlke bei Wikipedia oder bei esowatch.com nachschlagen.

Kronzeuge des Phänomens Lichtnahrung ist der indische Guru Prahlad Jani, der 2003 wissenschaftlich überprüft wurde. Der leitende Arzt hält die Untersuchung für eine Bombe: zehn Tage lang kein Essen, kein Trinken und keine Ausscheidungen! Unglaublich, wir müssen die Lehrbücher umschreiben. Zumindest wenn wir wie P.A. Straubinger den 24 Ärzten glauben, die die Untersuchung durchgeführt haben. Eine Untersuchung, die nur neun Tage dauerte, deren Ergebnis nicht wissenschaftlich publiziert wurde und bei der kein bekannter Skeptiker beteiligt war. Sorry Straubinger, aber die verarschen dich – nicht mit Täuschungsabsicht, sondern als Nebenwirkung ihrer Selbsttäuschung.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...