Apnea

Atemstillstand. Verletzlich wie kraftvoll, gepeinigt wie stolz – O. Children reanimieren mit ihrem zweiten Album einen Zauber, der ungefähr mit Ian Curtis‘ Suizid schon einmal verschwand.

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Als Apnea wird der Zustand des Nicht-Atmen-Könnens bezeichnet. Die Muskeln bewegen sich nicht und das Lungenvolumen ändert sich nicht. Derartigen stressbedingten Beschwerden sah sich der ursprünglich in Nigeria geborene Sänger von O. Children Tobi O’Kandi ausgesetzt, als herauskam, dass sein Visum für Großbritannien bereits 1997 ausgelaufen war und ihm die Deportation drohte. Am Ende ging alles gut aus und brachte einen vorzüglichen Post-Punk-Zweitling hervor.

„There is sound, there is hope“ – die erste Zeile des Openers „Holy Wood“ ist Programm. Mit „Apnea“ wagen die Engländer von O. Children den Schritt von der vollkommenen Düsternis des selbstbetitelten Debütalbums von 2010 in Richtung Licht. Die dunkle Verletzlichkeit und Melancholie bleibt der Band zwar dank der biblischen Bariton-Stimme von O’Kandi, den spitzen Riffs und den Vintage-Synth-Lines erhalten, jedoch sind die Songs insgesamt tanzbarer und irgendwie auch hoffnungsvoller. So scheint beispielsweise „The Realest“ wie eines der Stücke, das aufgrund seiner Power bei Einsetzen des Refrains live eine große Lichtershow rechtfertigen würde, während „Oceanside“, das merkwürdigerweise nach Roxy Music klingt, die trotz allem noch schwermütige Grundstimmung des Albums ein bisschen zu sehr nach oben reißt. Glücklicherweise bleibt dies neben dem eher undefinierbaren „I Know (You Love Me)“ die einzige kleine Schwäche auf „Apnea“.

Das grungige, gitarrenlastige „PT Cruiser“ und das mit The National vergleichbare „Solid Eyes“ stellen neben dem kraftvollen „Red Like Fire“ hingegen drei der vielen Highlights auf dem Album dar. Das Beste jedoch kommt hier wirklich ganz zum Schluss – mit „Chimera“ kommen unter anderem Gefühle hoch, die jedem Joy Division-Verehrer eine vertraute Wärme in die Magengegend treiben werden. Und ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht.

Sommerstimmung verbreitet „Apnea“ keine, aber das ist auch gut so, immerhin sollte man Regenwetter und etwaige Summertime Sadness ja auch mit hervorragender Musik überstehen können.

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