Zappelphilippe – Das zweite Album von Everything Everything hat wieder alles und das gleich doppelt – Intellekt, Humor und Genie mal zwei. Solche Streber aber auch.
Streber, die die Welt (des fad gewordenen Britpop) unbedingt braucht. Oberflächlich betrachtet sind Everything Everything ja ein klassisches englisches 4-Piece, von denen es derzeit geschätzte tausend Exemplare pro Kopf gibt. Hört man genauer hin, entpuppen sie sich als eine dieser Formationen, die – ähnlich wie Foals, Friendly Fires oder Field Music – mit einer überproportional großen Menge an Ideen, einem gesunden Selbstbewusstsein und einer sympathischen Keckheit gesegnet sind, die ihre Musik zu einem wunderbar vielseitigen und prickelnden Ereignis machen. NME verglich ihr 2010er Debüt „Man Alive“ mit dem neuen Kind in der Klasse, das dauernd mit seiner Cleverness prahlt und damit allen übrigen Kindern auf die Nerven geht. Das lässt sich ebenso gut auf „Arc“ übertragen. Streber halt.
Die erste Nummer „Cough Cough“, die auch als Single erschienen ist, lässt gleich zu Anfang keine Zeit, um sich einzuleben. Ohne große Umschweife gibt das britische Quartett aus ehemaligen Studenten der Musikwissenschaft im sexy-fetzigen Staccato-Trommelrhythmus den sich durch dreizehn Songs ziehenden Alarmton an, bei dem man bestimmt nicht auf Schlummern drücken wird. Nein, man springt auf, kreist mit Schultern und Hüften und versucht (zumeist vergeblich) die sämtlichen Höhen und Tiefen, die die menschlichen Stimmbänder zu bieten haben, ebenso geschickt in die Instrumente zu schleudern, wie es Sänger Jonathan Higgs tut. Ebenso gut gehen „Kemosabe“ und „Torso Of The Week“ ab. Stillsitzen geht nicht, man lechzt wissbegierig nach immer mehr und das Herrliche daran ist, dass man es auch bekommt.
Everything Everything werden auch zur Mitte von „Arc“ hin nicht müde. Die Balladen wirken ebenso wie die Tanznummern und während man bei „Man Alive“ noch häufig auf zwischenzeitliche Durchatmer gewartet hat, da EE ganz offensichtlich ein wenig mehr Spaß an den Uptempo-Songs haben, funktioniert das Sequencing auf dem Nachfolger beinahe ganz problemlos. Das eher ruhig dahinschwebende und stimmlich arg dramatische „Undrowned“ macht sich beispielsweise mit dem Chor-lastigen Titelsong entspannt vor dem wieder sehr experimentellen „Armourland“.
All dieses Auf und Ab könnte unter Umständen aber auch zu Schwindel führen. Das ist und bleibt aber auch die einzig potenzielle Kritik an EE und „Arc“. Also – Sehr gut, setzen!