Die Kamera taucht aus einer dunklen Gewitterwolke hervor. Ringsherum fahren Blitze aus dem Himmel und schleudern sich ihren irdischen Zwillingen entgegen. Einer dieser grellen Lichtspeere stößt hinab in die Stadt. Das nächste Bild zeigt eine Wohnung. Im verlebten Chaos sind die Grundzüge ehemaliger Ordnung und Finesse erkennbar.
In Möbeln und Formen quantifizierter guter Geschmack. Weiter in den Flur, Stimmen entgegen. Im Schlafzimmer, hier liegt Asterios Polyp auf dem Bett und sieht ein Videoband. Und dann brennt es, Asterios muss flüchten. Was nimmst du mit auf eine einsame Insel? Was nimmst du aus deinem alten Leben mit? In den Flammen wird der Tod verschlungen, die Phantome der Vergangenheit lösen sich auf. David Mazzucchellis „Asterios Polyp“ ist eine tour de force an Symbolen und Metaphern. In monochromatischen Episoden entblättert er das Leben und die Ansichten des Asterios Polyp durch anekdotenhafte Merkmale seines Alltags oder philosophische Eskapaden seiner Gedanken. Mazzucchellis Erzähler ist zwar Teil der Geschichte, kann aber nicht eingreifen, ist also sowohl Form als auch Inhalt, Körper wie auch Geist. Das ist dann auch das Grundthema von „Asterios Polyp“: Jeder Strich, jedes Wort hat sowohl erzählerisches, inhaltliches Gewicht, als es auch rein dekoratives Element, funktionsloser Schmuck ist. „Asterios Polyp“ ist somit vielleicht ein Gleichnis um die Bedeutung des Lebens für die Lebenden zu ergründen. Farben und Worte und Stimmen nehmen hier ihre Rolle als Symbol ein: Symbolisiert werden schier unendliche Wahrnehmungen, je nachdem, wer /Asterios Polyp/ gerade liest. Absolutes Meisterwerk!