Ay Ay Ay

In aller Munde

Technokünstler und Stimmakrobat Matias Aguayo holt mit seinem zweiten Album zum großen Wurf aus. Bestehende Grenzen stößt er dabei zwar nicht um, aber er bringt sie zumindest zum Wackeln.

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Chilenische Musiker und Produzenten findet man was Clubmusik angeht in Deutschland zuhauf. Ricardo Villalobos, Dinky oder Luciano gehören dabei zu den bekanntesten Vertretern. Ihre Musik ist meistens von einem stark rhythmischen Element geprägt und sie verbinden diese auf beeindruckende Weise mit deutschen Clubsound-Ästhetiken. Auch der in Chile geborene und in Deutschland aufgewachsene Technomusiker und Labelbetreiber (Cómeme) Matias Aguayo schlägt mit seinem Sound in eine ähnliche Bresche. Beim Kölner Vorzeige-Techno-Label Kompakt wurde man bereits zu Gründerzeiten im Jahr 2000 auf ihn aufmerksam, als Aguayo noch zusammen mit Dirk Leyers als Closer Music werkte. 2005 erschien sein Solo-Debüt-Album „Are You Really Lost“ und fand rege Beachtung. Nach zwei feinen Singles für das renommierte britische Label „Soul Jazz“ kam dann mit großer Promo-Unterstützung von Kompakt seine 2008er-Pop-Hymne „Minimal“ wie ein Sturm über die Tanzflächen. Ebenso passierte es mit dem Nachfolge-Hit „Walter Neff“.

Das Spezielle an Aguayos Arbeitsweise und vor allem dem Sound von „Ay Ay Ay“ liegt in der Klangerzeugung. Er verwendet fast ausschließlich seine Stimme dazu. Matias Aguayo zischt, brummt, flüstert und faucht, ergänzt das Ganze um Percussions, Claps und Beats aus der Maschine und baut daraus Soundcollagen und Stücke, die anders klingen als rein maschinell erzeugte Tracks. Ähnlich wie schon bei Dave Aju im Jahre 2008 zischen Stimmschnipsel herum und die Klänge von Kolbenflöten und Schwirrhölzern entführen nicht nur die Tänzer in den Clubs in amüsante sonische Welten. Über all dem steht seine charakteristische Singstimme, die er entspannt und gedehnt einsetzt. Heraus kommen erfreulich andersartige Minimal-Techno-Popsongs, die eine unverkennbare Handschrift tragen. Ein gewisses tribaliges Latino-Flair ist da nie zu leugnen, jedoch fügt Aguayo seinen Tracks immer noch die nötige Kühle bei, um das Ganze vor dem allzu abgeschmackten Summer-Feeling in einen musik-orientierten Club-Kontext zu retten. Auf Albumlänge fehlt dennoch der Biss der früheren Veröffentlichungen und die vollständige Überzeugungskraft der einzelnen Songs ist schwer zu fassen. Wäre Aguayo ein Rennpferd, sollte man in Anbetracht seines Potenzials erst auf die kommenden Rennen setzen.

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