Behold, A Pale Horse

Über die tiefe Kluft zwischen elitärer Avantgarde und zugänglichem Pop ist bloß ein dünnes Seil gespannt. Die Londonerin Ebony Bones tänzelt mal lässig, mal übermütig darüber.

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Oder sie schlägt ein paar Saltos und hat dabei in Richtung Avantgarde das indische Symphony Orchestra im Schlepptau, während auf dem Rückweg in Richtung Pop der ganze Londoner Kinderchor nachschwattelt. Es wuselt jedenfalls arg auf „Behold, A Pale Horse“, dem zweiten Album der Londoner Ausnahmemusikerin. Während sich das vielbeachtete Debüt „Bone Of My Bones“ noch hauptsächlich im humoristischen Disco-Ambiente abspielte, kann mittlerweile wirklich beinahe jedes beliebige Genre argumentiert werden. Von Post-Punk über Weltmusik bis zu Soul und ja, eh wieder jeder Menge Disco. Und alles halt voll big und artsy.

Das wird auch gleich beim Titeltrack zu Anfang des Albums deutlich. Indischer Chorgesang in M.I.A.-Manier, der sich dann nach kurzer Zeit in orchestrale Großartigkeit aus Streichern und Percussion und zugleich im nächsten Song „I See I Say“ auflöst. Die Kombination aus abgehackten Drum and Bass-Fetzen, gepaart mit sich abwechselnden Sopran- und Kinderstimmen schafft ein Drama sondergleichen. Während bei anderen Künstlern ein solch pompöses Werk aus Orchester und Oper wahrscheinlich zumeist als eine Art krönender Abschluss eingesetzt wird, stellt es bei Ebony Bones quasi nur die Einleitung dar. Das ist erst der Anfang ihrer meisterlichen Exzentrik, warnt es.

Mit dröhnenden Bässen, punkigen Riffs und engelsgleichen Vocals, diesmal von Bones selbst, geht es bei „Mystery Babylon Balloon“ aber schließlich ein wenig reduzierter und zugänglicher weiter. Jedoch serviert „While The People S.L.E.E.P.” erneut fantastische Schrulligkeit auf Afrobeats und flächigen Synthie-Sounds. Ruhig sitzen bleiben geht überhaupt nicht.

Dafür lädt das nachfolgende The Smiths-Cover „What Difference Does It Make“, in dem die Sängerin erneut vom Mikrofon wegtritt und den New London Children’s Choir stimmlich schalten und walten lässt, zum Staunen ein. Wahrscheinlich ist es eines der aufregendsten Smiths-Cover aller Zeiten. Morrissey würde dem garantiert zustimmen. Nach dem Uptempo-Loop „Neu World Blues“ und einem mehr als gelungenen Ausflug in sentimental-melancholische Sphären aus Piano und Vocals in „I.N.V.I.N.C.I.B.L.E“, vertont „Bread & Circus“ einen Horrortrip in einer heimgesuchten Disco und versetzt dabei in nostalgische, „Thriller“-ähnliche Trance, die bis zum Ende des Albums nicht mehr loslässt.

„Behold, A Pale Horse“ ist so wunderschön exzentrisch und facettenreich, wie die Künstlerin Ebony Bones selbst. Und echt voll big und artsy.

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