Bulbureal

Mit dem vierten Album »Bulbureal« schlagen Der Nino aus Wien ein neues Kapitel in der Bandgeschichte auf. Poetischer Rumpelpop, am Balkan extrahiert.

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Rezensionen über Bands zu verfassen, die man mag, ist oasch. Da kann Objektivität gleich vorab einmal einmargariniert werden. So gesehen kann man dankbar sein, dass Nino Mandl, Sänger und Texter der Band Der Nino aus Wien im Booklet zum neuen Album »Bulbureal« gleich einmal eine Rezension zum eigenen, neuen Album verfasst hat. Die ist zwar auch nicht objektiv, 7,3 von 10 Punkten gibt er sich und den Seinen. Aber sie ist lustig zu lesen und aufschlussreich. Irgendwo zwischen Kritik und Selbstironie, Unsinn und Wahrheit, Zitat und Gegenwart, klopft der 25-jährige das neue Album der Band ab. Und genau in diesem Koordinatensystem bewegt sich Nino Mandl auch sonst recht gerne. Geschickt und sehr behände übrigens. Sein Fazit zum neuen Werk: »Manche berühren mit ihrer Stimme, manche berühren das Mikrofon mit dem Mund. Ich glaube ja, dass es letztendlich nur darum geht, ob die Sängerin oder der Sänger den Text auswendig weiß. Sonst kann es mitunter zu peinlichen Situationen kommen.«

Auswendig kann Nino Mandl mittlerweile so einiges. »Bulbureal« ist mittlerweile sein viertes Album. Hinzu kommen noch einige Nebenprojekte. Als The Euphoric Flenson veröffentlicht er im Internet aberwitzigen Trash, der, je länger man darüber brütet, wie selbstverständlich seinen Tiefgang entwickelt. Und mit der Allstar-Band Krixi, Kraxi und die Kroxn, die er gemeinsam mit Natalie Ofenböck im Vorjahr aus der Taufe hob, wirbelte er im Vorbeigehen ordentlich Staub auf. Überhaupt ist das ganze Umfeld von Nino Mandl ein sehr produktives. Seine Bandmitglieder pauT (Bass) und Raphael Sas (Gitarre) haben beide ihre Solo-Debüts in den letzten Wochen veröffentlicht.

Aber zurück zu Der Nino aus Wien. Staub aufwirbeln kann nämlich auch diese Band sehr gut. Vor allem, da sie sich in Gefilden bewegt (österreichisches Deutsch, hie und da Dialekt, viel Gitarre), die in den letzten Jahrzehnten ordentlich Staub angesetzt haben. Austropop oder dergleichen sollte man aber besser nicht dazu sagen. Ja, selbst mit Referenzen in diese Richtung muss man vorsichtig umgehen. Man kennt sich aus im Werk der Alten, destilliert aber einen ganz anderen Schnaps.

Auch weil der musikalische Kosmos, der Popbegriff wenn man so will, ein sehr weiter ist, der auch raus führt, aus der gewohnten Umgebung. »Bulbureal« etwa wurde in sieben Tagen in Mazedonien eingespielt. Balkanpop-Hero Valentino Skenderovski hat es in Skopje produziert. Man will sich spürbar künstlerisch weiterentwickeln. Neues für sich alleine stehen lassen. Dieses Mal rumpelt und rockt man beherzt, legt falsche Fährten, dreht wieder um, verarbeitet Geräuschkulissen, fängt Stimmungen ein, oder rotiert mal eine Runde am Stand. Was mit einem Klavierintro leise beschwingt beginnt, wird zu einer lauten Anklage an falsch Verstandenes (»Aber die Bar ist nicht arg«). Und wenn es passt, darf auch mal berauscht gegröhlt werden (»Nach Hause«). Ein mitreißendes Album jedenfalls, musikalisch und sprachlich versiert, mit Zeilen, die hängen bleiben und einiges an Interpretationsspielraum zulassen. »Wenn wir uns den Käse nachwerfen, landen Löcher in unseren Herzen«.

(7,3/10)

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