Sentimental und politisch inkorrekt
Ein bisschen irritiert darf man schon sein, wenn demnächst „Clerks II“ in unsere Kinos kommt, hat man doch bei Regisseur Kevin Smith das Gefühl, er hätte seit seinem Debüt-Film „Clerks“ im Jahr 1994 nichts anderes gemacht, als Fortsetzungen dieses Independent-Erfolgs zu drehen. Und das ist durchaus positiv gemeint.
Seit seinem Erstlingserfolg gilt Smith als offizieller Vertreter amerikanischer Jugendkultur in den Kinos. Und dies, obwohl er das oft belächelte Fach der Komödie nie verlassen hat. Mehr noch: er ist sogar seiner Heimat New Jersey und den von ihm erfundenen Charakteren so sehr treu geblieben, dass sie in jedem seiner Filme zum Einsatz kommen, egal, ob es dabei um die große Liebe („Chasing Amy“) oder den Untergang der Welt („Dogma“) geht.
Diesem Figuren-Universum entstammen unter anderem die College-Verweigerer Dante Hicks (Brian O’Halloran) und Randal Graves (Jeff Anderson), die in einem 24-Stunden-Shop arbeiten, wo sie die Kunden beschimpfen und über ihre Lieblingsfilme reden können. Oder der Dauerredner Jay (Jason Mewes) und sein schweigsamer Freund Silent Bob (Smith), die den ganzen Tag vor dem Laden herumhängen, Gras rauchen oder es verkaufen. Sein Ensemble komplett hatte Smith bei seinem nächsten Film „Mallrats“ (1995), in dem dieselben Typen diesmal in einem Einkaufszentrum abhängen: Ben Affleck, meist in der Rolle des früheren Klassenkameraden, der es nun zu etwas gebracht hat, und Jason Lee, immer gut für witzige Nebenrollen und Gastauftritte.
Es stimmt, Smiths Schauspieler-Pool setzt sich lediglich aus Männern zusammen, aber Smith ist auch ein Regisseur für Männerfilme und Männerthemen. Auch das wieder durchwegs positiv gemeint. Kevin Smith versteht es, die Position und die Probleme von Männern zu porträtieren, ohne klischeehaft zu werden und wird nur dort unglaubwürdig, wo er versucht, die Rollenverteilung an den Hollywood-Mainstream anzupassen. Die Männerfiguren in seinen Filmen reden über Frauen und Sex (was nicht immer miteinander zu tun hat), Filme und Musik. Und sie reden in einer ehrlichen Weise darüber, wie sie es nur unter Männern tun.
Vielleicht ist insofern „Clerks II“ eine Ausnahme – oder ein Fortschritt, wie man will. Es ist das erste Mal, dass Smith, selbst älter geworden, in einem Film zu reflektieren scheint und so etwas wie eine Botschaft hat. Über das Älterwerden und einen möglichen Perspektivwechsel von Figuren, die sich scheinbar in den letzten 12 Jahren nicht verändert haben und noch immer hinter der Theke ihren McJob verrichten. So gesehen ist „Clerks II“ der sentimentalste unter Smiths Filmen. Aber, keine Angst, hier die gute Nachricht, auch der brutalste und unsensibelste, was seinen Humor betrifft. In den USA erst ab 17 Jahren freigegeben, jongliert Smith (inmitten einer vorhersehbaren Liebesgeschichte) gekonnt mit politischer Unkorrektheit. Sex mit Tieren wird ebenso zum Thema wie ein Running Gag zu Anne Frank. Natürlich dürfen auch diesmal die zahlreichen popkulturellen Referenzen nicht fehlen, die eine Musical-Nummer, einen Ex-Junkie, der „Schweigen der Lämmer“ nachspielt und die beste Analyse zu „Herr der Ringe“ ever („Drei Teile, in denen Leute nur gehen“) beinhaltet.
Kevin Smiths Stärke liegt eindeutig im Drehbuchschreiben. Seine Dialoge, eigentlich ohnehin eher Monologe, in denen einer so lange Gags abfeuert bis die Zuschauer vor lachen von den Sesseln fallen, sind wie immer das Kernstück des Films. Dieser Spaß wird zwar etwas zu oft von simplen Schuß-Gegenschuß-Einstellungen gedämpft. Dem Film schadet das jedoch nur geringfügig. „Clerks II“ ist somit ein weiterer, würdiger Vertreter des Smith-Universums, der nicht versäumt werden sollte.
/„Clerks II“ (www.clerks2.com) läuft ab Ende August in den Kinos./