Mit der Romanverfilmung „Der Kameramörder“ inszeniert Robert Adrian Pejo ein gemächliches Kammerspiel, das eigentlich ein Thriller sein will. Die Bildgestaltung und sein überzeugend spielender Cast bewahren ihn davor, die Spannung aus den Augen und sich selbst in der Ästhetik zu verlieren.
Angesichts des Titels und Thomas Glavinics gleichnamiger Romanvorlage überrascht es erstmal wenig, dass Regisseur Pejo die ersten Filmminuten mit einem Amateurvideo beginnt. Jenes nämlich, das Ausgangs- und Endpunkt der Geschichte ist. Wenn sich dann in roten Lettern „Der Kameramörder“ von der Seite ins Bild schiebt, fühlt man sich kurzzeitig ans Fernsehen erinnert. Doch die nächsten Leinwandrundfahrten vergewissern, dass man doch im Kinosessel sitzt. Der österreichisch-ungarische Neusiedlersee wurde als Austragungsort gewählt. Das bedeutet flache, visuell gut ausschmückbare Ebenen so weit das Auge reicht. Vom verheißungsvollen Dickicht des Schilfs ganz zu schweigen.
Irgendwo am Seeufer steht der kühle Architekturtraum aus Glas und Sichtbeton, in dem Thomas (Ninidze) und seine neue Freundin Sonja (Gryllus) leben. Er hat sich das zwischen Zynismus und Beziehungsfatalismus schwankende Paar Heinrich (Lust) und Eva (Lardi) eingeladen. Mit Heinrich verbindet ihn eine langjährige Freundschaft, mit Eva eine verjährte Liebesbeziehung. Eifersucht schaukelt sich langsam auf. Als plötzlich ein Nachbar von drei verschwundenen Knaben berichtet, während gleichzeitig ein Snuff-Video publik wird, in dem die vermissten Kinder zu sehen sind, beginnt sich das Thriller-Karussell zu drehen. Besonders, weil Heinrich das Video bereits aus dem Internet kannte.
Beobachten und beobachtet werden. Dort, am geografischen Grenzgebiet, verschwimmen diese Perspektiven. Die Bildgestaltung etabliert zunächst unterschiedlich große Weitwinkeleinstellungen, tastet sich über das panonnische Panorama hinweg und wechselt dann innerhalb der unterkühlten Kulissen zwischen Halbtotalen und Halbnahen. Die wenigen Großaufnahmen kommen bei nervösen Kamerafahrten und Verfolgungen zum Einsatz. Der Erzählmodus dient zunächst der sukzessiven und stilbewussten Verwirrung, was eine formal funktionierende Inszenierung bringt, der Spannung aber gleichzeitig den Nährboden nimmt. Pejo legt sich nicht fest und produziert damit Längen. Die schauspielerischen Leistungen, allen voran von Dorka Gryllus und Andreas Lust, helfen zwar dabei, die Beziehungskonflikte anschaulich und die aufkommenden Ungewissheiten spürbar zu machen. Das eigentlich angepeilte Ziel einer paranoiden Suche nach dem Täter weicht letztlich aber einer forcierten Ästhetik. Das führt auch zu einem etwas halbherzig aufgerollten Finale und hinterlässt noch einen vermeidbaren letzten Eindruck von Fernsehfilm.