Norbert Loacker skizziert in seinem neuen Roman einen Menschen als Produkt von Ereignissen zwischen Zufall und Notwendigkeit.
Da ist einer ohne Willen, ohne Selbstverantwortung, ohne Aussichten, ohne Vornamen und von Sehnsucht getrieben: Morf. Trotz Stimmwechseln bleibt der Autor konsequent beim betont unpersönlichen, klanglosen Nachnamen und vermittelt somit den Verlust einer Identität, bevor diese sich überhaupt gebildet hat. Morf wird – mit 22 und sexuell völlig unerfahren – Vater, Ehemann und dadurch Mitglied eines wohlhabenden Familienunternehmens. Die Idee eines selbstgewählten, zielgerichteten Lebens kommt Morf zu spät. Als er erkennt, dass „man ihm keine Wahl gelassen hat“, ist er längst ein Zufälliger geworden. Tatenlosigkeit, Realitätsfremde, Lebensmüdigkeit. Morfs Charaktereigenschaften demaskieren ein bewusst gewähltes Leben als völlig aussichtslos. Aber eben jenes Leben wird erzählt, in lakonischem, zeitweise abgeklärtem Tonfall. In nüchternen, unprätentiösen, bisweilen bruchstückhaften Sätzen von unerwarteter Poesie. Erzählt wird aus wechselnder Perspektive – Morf ist ein Er, ein Ich, dann ein Du. Spätestens beim Du gerät man als Leser in den emotionalen Sog der Wahrnehmung Morfs. Fühlt die raum- und zeitlose Verlorenheit, in der der Anti-Held treibt. Außer sich stehend, narkotisiert. In diese Betäubung tritt eine Fremde in die Erzählung. Will einen töten, irgendeinen. Camus lässt grüßen.