Dieser Roman ist wie die sanftmütige Ballade einer Heavy-Metal-Band.“ Das ist ein schöner Satz, heißt so viel wie gar nichts oder nichts und alles und steht am Buchrücken des neuen Franzobel Romans. Überhaupt, diese Reizwörteranhäufung im Klappentext: Bristol, Christian Dior, Jungfrauenroulette, Tour de force, Terrorist, Jerusalem,… Ballade, Heavy-Metal-Band, Jerusalem? Nazareth natürlich: „Love hurts“ Ein Roman wie eine abgedroschene Schnulze also?
Die Geschichte könnte nacherzählt werden, das muss bei diesem Franzobel aber nicht unbedingt sein. Wichtiger ist das Romanpersonal. Alexander Gansebohn die Hauptfigur, Marie seine Frau (die zwei Kinder spielen keine Rolle), Dunja seine Geliebte, Heidrun die in Alexander Verliebte. Ein Einbrecherpärchen (hält dem Helden den Spiegel vor und nimmt die dauerplaudernde Nachbarin Gulch aus). Doyle der Künstler und Liebhaber von Dunja und der Dior-Verkäuferin. Schlächter Terpe (Marie liebt Silbenjounglage) der Heidruns Mann und Ende ist und der Prater ist Dunjas Aus. Dazu noch ein paar Wahnsinnige, die alle ihren Platz im eingeführten Figurenkreis haben.
Franzobel streut großmeisterlich (aber sparsamer als sonst) bezaubernde Metaphern, Formulierungen, Wendungen ein. Bedient sich wie immer reichlich an der gelebten, gesprochenen, gehörten Sprache und beweist da wieder mal eindrücklich seine lutherianischen Fähigkeiten. Des Gaunerpärchen Eitelbecks Unterhaltungen sprotzen förmlich vor Alltagsvulgär- und originalität. Seit dem Interview im Standard mit Verkehrsminister Faymann und dem Journalisten G. John weiß man, dass Franzobel vorzugsweise in den Niederösterreichischen Regionalbahnen den Leuten zuhört („Deix auf Rädern“). Zehn Derbsager werden dann mit einer sanften Poesiewatsche bestraft respektive aufgehoben. Da kann jede „Arschkuh“ noch so klischiert aufgeigen und jeder „Eselschwanz“ noch so lehrbuchlatinolovermäßig durch Wien tupfen. Wenn über ihnen „der Himmel eitert“ ist alles wieder gut.
Ja, die „Liebesgeschichte“ ist eine gelungene Rundumsatire und deshalb passen der vielleicht störend-schlichte Titel, das beliebige Coverbild („Melanie and me swimming“ von Michael Andrew) und der marktschreierische Klappentext dann doch wieder. Und ja, das Hollywood-Happyend ist natürlich ein Vermeintliches.
In Summe ein Buch wie Zipfer-Medium: polarisierend aber niemanden wirklich weh tuend.