For Each A Future Tethered

Harmonieseliger Singer/Songwriter Pop auf den Spuren von Brian Wilson und Elliott Smith: Gelungene, melancholische Sommermusik für Sonnenauf- und Untergänge.

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Ich weiß nicht, warum Joel Nicholson sein Künstler-Alter Ego Butcher The Bar nennt. Was ich aber höre, ist, dass der Singer/Songwriter sich mit diesem Stilgriff in jene Gruppe von Musikern einreiht, die mit wunderlichen, nie ganz im Gedächtnis bleibenden Künstlernamen ganz großartige Musik produzieren. “For Each A Future Tethered“, die zweite Platte des schüchternen jungen Mannes aus Manchester, ist ein harmonieseliges Kleinod, das mit einer bestechenden Simplizität zum immer wieder anhören wollen motiviert. Eine Stimme, die wie Elliott Smith auf Antidepressiva klingt – melancholisch und liebevoll, puristisch und beherzt, aber ohne den Hang zum Selbsthass – und ein sonnendurchtränktes, melodieverliebtes Harmonieverständnis, das die Noten in Blütenhonig zu tauchen scheint, verführen zum kritiklosen Wohlfühlen.

“For Each A Future Tethered“ ist gewissermaßen so etwas wie eine perfekte Sommerplatte: Songs wie “Giant“, “Alpha Steet West“ oder “Sin So Sweet“ schreien geradezu danach, unter blauem Himmel zu Sonnenauf- und Untergängen gehört zu werden. Banjo, Klarinette, Trompete, Akkordeon und Piano überführen die scheu-akustischen Songstrukturen in aus sich herausgehende Melodiebögen. Die völlig unironische, ehrlich gemeinte Liebe, die von den Tracks ausgeht, verzaubert und berührt. Es ist eine Naivität, wie man sie auch von den Popperlen eines Brian Wilson kennt – sehnsüchtig, kindlich und reich an Phantasie.

Das Album besticht durch zwei getrennt erfahrbare Lesarten: Zum einen kann „For Each A Future Thethered“ jederzeit als unaufdringliche Hintergrundmusik gehört werden – wenn Radiostationen gute Musik spielen würden, wäre Butcher The Bar Radiomusik per excellence. Zum anderen tut die auf “Quiet Is The New Load“ getrimmte Produktion ihr übriges, um sich in der akustischen Unaufdringlichkeit in Details zu verlieren.

Hört man das Album alleine oder über Kopfhörer, kommen ungeahnte Einbrüche in der Lieblichkeit zu Tage. Dort, wo die Sonne nicht hin scheint, schlummert ein randvoller Krug Melancholie – den Nicholson, der mit seiner Traurigkeit jedoch nicht hausieren zu gehen scheint, nie zum überlaufen bringt. Die Verzweiflung, die Elliott Smith oder Brian Wilson begleitete, deutet Butcher The Bar höchstens in Schattierungen an, die nur jene erfassen, die genau hinhören. “For Each A Future Thetered“ ist kurzweiliger, unaufdringliche Kopfmusik für Sonnentage, die keine anderen Forderungen an den Hörer stellt, als ein bisschen Zeit miteinander zu verbringen. Der Rest passiert dann ganz von selbst.

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