Glücksmaschinen

Es geht voran

Nach den Goldenen Zitronen meldet sich mit den Fehlfarben eine zweite Band mit Wurzeln in der deutschen Punk- und Wave-Aufbruchszeit laut und vernehmlich zurück. Wie die Hamburger Kollegen lassen auch die Düsseldorfer ihre Nachfolger, die unter der Diskursfahne segeln, recht blass aussehen.

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Heute erinnert hierzulande und in Deutschland vieles an die Situation der späten 70er und frühen 80er Jahre. Triste Aussichten für die Jugend, soziale Differenzen werden immer deutlicher im Alltag spürbar, Unis werden besetzt. Ölkrise damals, Finanzkrise heute. Kein Wunder, dass sich aktuell viele Musiker auf die Ausdrucksformen von Punk und Wave besinnen. Verwunderlich ist aber, dass die Urväter dieses Genres Musik auf den Markt bringen, die scheinbar den Nerv der jüngeren Generation besser trifft als die so mancher zeitgenössischer Diskurs-Schwafler. Und das noch dazu mit der entsprechenden Distanziertheit von Menschen, die in dem Alter in der Regel seltener an die wirtschaftliche als an die Midlife-Krisis denken. Während die Zitronen vor Collage-artig gebauten, musikalischen Hintergründen ihre ehemals so eindeutige Widerstandsposition auf den Prüfstand stellen, scheint sich bei den Fehlfarben eine Textzeile aus dem aktuellen Lied „Neues Leben“ in ihr Gegenteil umzukehren: „Wir stehen im Stau und merken es nicht.“ Es sind die jungen Epigonen, die am Stand treten.

Die Fehlfarben peitschen sich durch gerade mal acht Songs, die auch 30 Jahre nach „Monarchie und Alltag“ nichts an Schärfe und Wut vermissen lassen. Textzeilen, die sich gut auf T-Shirts machen („Wir haben Angst, aber leider keine Zeit dafür“) sind da ebenso dabei wie eine wütende Anklage darüber, wie wenig man aus der letzten Krise gelernt hat („Ausgeraucht“) oder eines der amüsantesten musikalischen Statements zu Social Media („Erst der Freundezähler hat’s an den Tag gebracht“). Musikalisch ist die Band ebenso am Punkt wie mit ihren Texten. Am Ende des heftigen und von Moses Schneider (Tocotronic, Kante, Beatsteaks) brillant produzierten Ausflugs in den Sound der Anfangstage der Band steht dann mit "Respekt?" ein veritabler Wutausbruch des Sängers Peter Hein. Keine Atempause.

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