Hello Hum

Surren die Kanadier in der ersten Hälfte noch fleißig durch die Boxen, verkriechen sie sich in der zweiten wie die Igel zum Winterschlaf – aufregend und inkonsequent.

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Eigentlich schwirrt das Trio aus Halifax schon seit gut einer Dekade durch die ja zum großen Teil Arcade Fire- und Broken Social Scene-dominierte Indierock-Landschaft Kanadas. Und auch auswärts durften sich Wintersleep schon die Hörner abstoßen – im Gepäck von Wolf Parade, The Maccabees oder den Editors zum Beispiel. Fuß gefasst haben sie aber trotzdem noch nicht so richtig im zentralen Europa. Zu Unrecht eigentlich. Das fünfte Album sollte dies nun ändern. Also, „Hello (Hum)“!

Der musikalisch schon relativ vielschichtige Opener „Hum“ salutiert sofort mit eigenwilligen nasalen Vocals, die sich schließlich mit den hellen krachenden Drums und ein bisschen elektronischem Surren zu einem vielversprechenden Crescendo zusammenwurschteln, das für den Rest der LP gleich einmal die richtige Dosis Motivation und Neugier einflößt. Erfreulicherweise geht es dann mit „In Came The Flood“ nicht minder spannend weiter. Es wird geschunkelt und sich über das Tamburin gefreut. „Nothing Is Anything (Without You)“ und „Resuscitate“ werden von Stakkato-Schlagzeug und melancholischen Hall-Gesängen angeführt und klingen so ein wenig nach Minus The Bear – durchaus ein Vergleich, den man erfreut annehmen kann. Das Outro des Letzteren ist ein wunderbares Schmelzbad aus tosenden Riffs und funkelnden Synthies. Ebenso schick geht es mit „Permanent Sigh“ weiter, einer balladesken Rock-Hymne, bei der sich das ein oder andere Mal sämtliches Körperhaar emporragen wird. So auch bei der zärtlich-zerbrechlichen Akustik-Nummer „Saving Song“ – „Wisdom slashed me, thrashed and lashed me“ jammert Sänger Paul Murphy schmerzlich schön zu den feinen Akkorden Tim D’Eons.

Und dann – Bam, Herzinfarkt! „Rapture“ zerfetzt die ganze herzerwärmende Stimmung plötzlich. Leider. Schon klar, das Album muss weiterlaufen und dass auf eine Ballade irgendwann einmal wieder eine Uptempo-Nummer kommen muss, ist auch unvermeidlich. Aber trotzdem war das ein zu massiver Cut. Auch „Unzipper“ passt irgendwie nicht dahin, wo es ist. Frustrierend!

Die Songs der zweiten Hälfte sind keineswegs schlecht, um Gottes Willen (wobei „Someone, Somewhere“ schon eher somewhere und von someone else sein sollte, aber bitte). Inkonsistent und inkonsequent scheint das ganze Album dadurch halt.

Als EP wäre „Hello Hum“ ein Volltreffer geworden, als LP ist es halt nur Mittelmaß. Schad.

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