Nach der Ruhe kommt der Sturm: Die Schweizer segeln über den Folk-Horizont hinaus in unruhige Goth- und Noise-Gewässer. Das klappt, wird aber schnell zur Odyssee.
Auf ihrem Debüt erfanden Joan und ihre sechs Mitmusiker zwischen subtilem Jazz-Drumming, hypnotischem Gesang und einer Pink-Floyd-esquen Gitarrenspychedelik einen Art-Pop, der mit seiner Atmosphäre zu faszinieren wusste: Ein verschrobenes Downtempo-Album, dessen düsterer Atmosphäre die Gewässer des Folk trübte und trockenlegte. Seicht klang das Septett dabei trotzdem nicht. Zwischen flächigen Klangspielereien, an Sonic Youth erinnerndem Sprechgesang war da immer noch die melodische Flüssigkeit eines Pop-Bächleins zu hören.
Inzwischen ist die Band über den Folk-Horizont hinaus in unruhigere Gewässer weitergesegelt. Die Art-Pop-Elemente des Vorgängers werden rockiger zelebriert. Das Schlagzeug darf auf die Becken dreschen. Die Chöre untermalen Joan Seilers Stimme mit bedrohlichem Flüstern und die Gitarren sind mehr Dinosaur Jr. als Jimi Hendrix. Das mit der Ruhe und dem Sturm ist bei Joan And The Sailors umgekehrt. Flächige Klangteppiche, die im Downtempo fast einschlafen, gibt es aber doch: Das auf französisch gesungene "La Realité" zum Beispiel oder das Intro zum spanischen "En Guantes Blancos". Dazwischen treiben Joan And The Sailors zwischen The-Joy-Formidable-Goth-Rock und gitarrenlastigem Sonic-Youth-Noise. Überzeugend klingt das zum Beispiel im Opener "Tic Tac": Das Laut-Leise-Schema, die Tempi-Wechsel und -Steigerungen klingen abwechslungsreich, die mehrstimmigen Chöre etwas verschroben, aber spannend. Ähnlich gut kommt das im "Light Over Innsmouth" an: Die Strophe spielt mit Engelschören und weiß mit Spannung das scheppernde Geigen-Gitarren-Intermezzo einzuleiten. Doch das gelingt nicht auf der ganzen Platte so gut.
Und da hätten wir das Hauptproblem von "Home Storm" bereits entlarvt: Der psychedelische Art-Pop des Vorgängers brauchte weniger Struktur als Atmosphäre. Art-Pop im Goth- und Grunge-Mäntelchen tut das sehr wohl oder er droht sich zu verlaufen. Joan And The Sailors haben das mit dem Experimentieren noch immer drauf, aber sie haben sich in ihrer musikalischen Odyssee etwas zu weit nach vorne gelehnt. Und stille Gewässer sind bekanntlich tief.