Abgespeckter Prog-Rock, krautige Elektronik und leiser Pathos in der Stimme: Das Trio PVT versteht das Wort „Post-Rock“ als fixe Kategorie.
In aller Liebe: Die Entwicklung der Band Pivot ist ungünstig verlaufen. Aufgrund langweiliger Rechtsstreitigkeiten mit einer wenig bis gar nicht bekannten US-amerikanischen Combo selben Namens sah sich das australisch-englische Trio 2010 gezwungen, die Vokale aus dem eigenen Band-Logo zu tilgen. „Homosapien“ ist nun das zweite Album, das die Band unter dem Namen „PVT“ veröffentlicht, insgesamt das vierte in der Geschichte der Gruppe – als scharf einschneidender Moment oder Startpunkt einer drastischen Neuorientierung im Sound darf der Verlust des „i“s und des „o“s nicht gelten. Die Veränderung ist hier ein kleines Schleichen. Das Fundament ist auf „Homosapien“ abermals eine Musik, die einst schon die Idee von Unkategorisierbarkeit und den vermeintlichen Unsinn der Schubladisierung im Namen eingeschrieben hatte: Post-Rock. Es geht um das Weiterkommen und das Überwinden der Grenze.
Hier arbeitet also wieder unermüdlich die Mensch-Maschine in dunkelblauen und grauen Farbtönen an der Verschmelzung von minimaler Elektronik aus dem Kraftwerk und Synthesizer-Kraut einerseits und muskulösem Drumming und überschwänglich, gerne auch „virtuos“ agierendem Prog-Rock andererseits. In kargem, reduzierten und hoch konzentriertem Setting dominiert hier dennoch der Wunsch nach der großen Geste: Vor allem der Gesang versteigt sich allzu oft, operettenhaft fast schon, hinein ins bedeutsam gemeinte Gefühl. Eine im Grunde sehr gute Band hat hier das Diktum vom Sprengen und Dehnen der Grenzen als festgeschriebenen Bauplan begriffen. Wäre die englische Gruppe Muse nicht so eine fürchterliche, aufgeblasene Pathos-Maschine, die die Schwülstigkeit mit Grandezza verwechselt und die die in ihr vereinzelt werkenden elektronischen Elemente bloß vom Hörensagen aus dem Trend-Basar gefischt hat, sondern eine wesentlich bessere Band, entschlackt, kontrolliert, sympathisch und mit einem besseren Schneider gesegnet – so könnten sie klingen. Das Ziel aber dürfte für PVT wohl eher „Radiohead“ (die ja einst als DIE große Bezugsgröße für die frühen Muse geführt wurden) geheißen haben. Zu ähnlich tönt aus dieser Platte der unbedingte Wille, elektronisches Experiment, Fragmente tatsächlichen Songwritings, wehmütig singendes Gefühl und Passagen, die dann eben doch noch „Rock“ sind, in eine möglichst offene Form zu zwingen. Die hier aufgebrachte Anstrengung ist nahezu mit den Händen greifbar.