Field Of Reeds

These New Puritans sind heute eher Konzept denn Band. »Field Of Reeds«, das bemerkenswerte dritte Album der Engländer, bemüht sich um die totale Kunst.

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Jack Barnett überschreitet keine Grenzen mehr, lieber will er das mittlerweile fast ausschließlich von ihm alleine dirigierte Schlachtschiff These New Puritans gleich ganz der Konvention von U-Musik entheben. Entertainment, das ist für Kinder. Mit ihrem Debüt-Album »Beat Pyramid« hat die in London stationierte Band 2008 noch nervösen Postpunk ins Zeitalter von Nu Rave geführt, der Zweitling »Hidden« war zwei Jahre später schon epochal an der Entgrenzung interessiert: Japanische Taiko-Drums, Orchester, Chorgesang. Das neue Album geht nun mit ähnlichen – jedoch weit spartanischer eingesetzten – Klangmaterialien weiter und findet an der Außenkante des Sektors »Pop« vielleicht gerade noch in Björk und ihren gleichsam dem Traditionalismus wie dem technischen Fortschritt verpflichteten Kunstliedern oder den üblichen Radiohead Geschwister.

These New Puritans aber wollen mehr: Die Referenzgrößen sollen hier wohl Neue Musik und Musique Concrete heißen, Minimal Music, Avantgarde-Oper und mulmig stimmende, am Katzenklavier zusammengeklimperte Theater-Scores. Man mag sich Jack Barnett gut vorstellen, wie er sich in gewissenhafter Vorbereitung im Cognac-Zimmer die Arbeiten von Steve Reich, Michael Nyman und Benjamin Britten zuführt; und wenn es denn schon Pop sein muss, dann die Metall- und Krach-Versuchsanordnungen von Scott Walker, die filigran gestrickten Stücke eines Robert Wyatt oder die wie im Labor mit der Pinzette angerichteten Glas-Skulpturen der späten Talk Talk. Jack Barnett hat mit »Field Of Reeds« eine dunkle Landschaft zusammenarrangiert, meist karg, öd und dürr. Glass splittert, Gongs scheppern schwer, eine Fado-Sängerin haucht, ein Falke flattert durchs Studio – den hat man auch aufgenommen. Man merkt dem gerade mal in seinen mittleren 20ern steckenden Barnett die Anstrengung an, hier unbedingt ein finsteres Opus stemmen zu wollen. Aber mit noch jugendlich-frischem Wissen und Tatendrang neue Welten probieren, das ist es vielleicht doch auch schon: Punk.

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