Honeys

Album Vier der schlechtgelaunten Band mit dem tollen Namen und dem gekonnten Soundupdate klassischen 80er US-Hardcores.

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Will ich nachschauen, wo Allentown, Pennsylvania liegt, Heimat dieses Quartetts, das mit »Honeys« zum dritten Mal auf Sub Pop veröffentlicht? Nah! Dabei ist das Musik ganz nach meinem Herzen, zwölf Lieder, knapp 36 Minuten Spielzeit – klassische Vinyl-Album-Länge; Vinyl klingt bei bis zu 18 Minuten Spielzeit pro Seite optimal. Anklänge an Dinge, die mittlerweile eigentlich zum großen Songbook der Staaten gehören – Black Flag oder Flipper fallen einem ein, oder beim Stück »Romanticize Me« Bl’ast – für die einen Götter, für andere von jeher ein matter Black Flag-Abklatsch und dem Großteil der Menschheit (selbst Hipstern, die Off! kennen) sowieso völlig unbekannt.

Macht die Frage auf: Was bedeutet das jetzt, was für Relevanz hat solche Musik, die inhaltlich und formell schon Ausformuliertes abermals formuliert, ist das Retro-Core? Oder – was würden Pissed Jeans mit mir tun, wenn ich nicht ab 1985 mit Hardcore sozialisiert wäre? Wenn die Idee mir neu wäre, dass Musik nicht zu allem Ja! und Amen! sagt und alles affimiert? Für die nicht Hauptsache ist, dass das eigene, narzistische Gfries ist auf allen Wahrnehmungskanälen zumindest theoretisch angelegt ist. Unbeantwortbar. Pissed Jeans bleiben bei allen querulierenden Qualitäten unentschlossen – wobei »Male Gaze« fast schon wieder rührend ist, wie da eine der zentralen Säulen der zweiten feministischen Welle zum Hardcore-Song wird. Sie haben Angst, wirklich primitiv, primär und ohne Rücksicht auf Verluste irgendwo hinzuhauen und klingen darum überwiegend nur so als ob. Nach dem Gig entpuppen sich alle vier von Pissed Jeans als belesene und reflektierte Soziologie-Studenten aus liberal-fortschrittlichem Elternhaus? Stellen wir uns einen Sid Vicious vor, der nach dem Ins-Publikum-Rotzen seinen Opfern ein sauberes Stofftaschentuch reicht – ah, tut mir leid, das war alles nur ein kulturelles Statement? Nichtsdestotrotz machen Pissed Jeans mit »Honeys« plausibel, dass schlechte Laune möglich bleibt und sehr geil klingen kann. Auch schon was.

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