If Not Now, When?

Incubus stellt sich als mittlerweile komplett energiebefreite Band öffentlich der Sinnfrage. Es wäre kein Fehler gewesen, diese intern zu klären.

Incubus? Die gibt’s noch? Ja, es gibt sie noch. Incubus, das ist die Band, die sich um die Jahrtausendwende mit den Alben S.C.I.E.N.C.E., Make Yourself und Morning View eine veritable Anhängerschaft erspielte. Eh ganz unverdient, denn „Pardon Me“, „Drive“ (ihre erste, einzige und vermutlich letzte US-Top Ten-Single) oder „Nice To Know You“ waren gar nicht mal so schlechte und jedenfalls zeitgemäße Alternative Rock-Songs. Mit dem Album „A Crow Left Of The Murder…“ war 2004 der Zenit erreicht, obwohl der 2006 erschienene Nachfolger “Light Grenades“ auf Platz eins der US-Album-Charts landete. Warum, weiß die Band wahrscheinlich selber nicht. Vielleicht sollte man bei der Marketingabteilung ihres Majorlabels nachfragen. Bloß, es wäre verschwendete Zeit. Genauso verschwendet wie die fünf Jahre, die Incubus jetzt gebraucht haben, um 2011 ihr „langerwartetes“ siebentes Studioalbum „If Not Now, When?“ zu veröffentlichen.

„Um ganz ehrlich zu sein: ich bin mir nicht genau sicher, warum die Leute sich schon so lange für uns interessieren“, wird Brandon Boyd – der schöne Mann, der sich bei Konzerten spätestens nach der zweiten Nummer das Hemd vom Leib reisst und damit für Kreischorgien in den ersten fünf Reihen sorgt – im Pressetext zitiert. Tja. Als in weiterer Folge von sich in Bewegung setzenden Wellen gefaselt wird, drängt sich die Kinderbeckenassoziation sich förmlich auf, während das Album im Hintergrund träge vor sich hinplätschert. „I’m on the road of least resistance“, singt Boyd bei „Promises, Promises“, der zweiten Nummer des Albums. Ach, tatsächlich? Bis zum vorletzten Song wird weiter geplanscht, aber bloß nicht zu laut, bevor “Adolescence”, die Single, die Zeit ein wenig zurück- und die Lautstärke raufdreht und man versucht ist, vielleicht doch den Sprung vom 3 Meter-Brett zu wagen um sich dann doch dagegen zu entscheiden.

Die einzige noch zu stellende Frage von Relevanz wäre, warum der Fotograf Thierry Orbach seine 1973 entstandene schwarz-weiß Aufnahme des High Wire Artists Philippe Petit – 2008 in der wunderbaren Dokumentation „Man On Wire“ gewürdigt – für das Artwork freigegeben hat. Es macht die Sache trügerisch, ist es doch der einzige Grund, weshalb man sich das Album – dann zwecks Größe am Besten in Vinylform – zulegen sollte. Im Booklet bleibt Boyd übrigens angezogen.

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