Es besteht Dringlichkeit: Der neue Film von Nanni Moretti beginnt hysterisch (mit der Pfählung eines Kommunisten mittels roter Flagge) und endet apokalyptisch (mit einer faschistoiden Volkserhebung). Mit „Il Caimano“, in Italien kurz vor den Wahlen von 2006 angelaufen, nimmt sich Italiens linker Vorzeige-Autorenfilmer („Aprile“) nicht weniger vor, als eine Auseinandersetzung mit Medienmogul und Premierminister Silvio […]
Es besteht Dringlichkeit: Der neue Film von Nanni Moretti beginnt hysterisch (mit der Pfählung eines Kommunisten mittels roter Flagge) und endet apokalyptisch (mit einer faschistoiden Volkserhebung). Mit „Il Caimano“, in Italien kurz vor den Wahlen von 2006 angelaufen, nimmt sich Italiens linker Vorzeige-Autorenfilmer („Aprile“) nicht weniger vor, als eine Auseinandersetzung mit Medienmogul und Premierminister Silvio Berlusconi. Ambitioniert ist auch die Erzählform, die in bewährter Moretti-Manier bürgerlichen Befindlichkeitsbefund und Politanalyse zu verquicken versucht: Der vom Glück verlassene Schundfilmproduzent Bruno (Silvio Orlando) klammert sich an seine letzte Chance. Ausgerechnet ein schonungsloser Politthriller über Berlusconis Aufstieg soll die Karriere des linksallergischen Opportunisten retten. Burleske Episoden aus dem frustrierenden Produktionsalltag stehen neben satirischen Film-im-Film-Ausschnitten zu Berlusconis Karriere und bittersüßen Szenen jener gescheiterten Ehe, unter der Brunos Privatleben begraben liegt. Morettis Ansatz ist ambitioniert, durchdacht – und leider nicht aufgegangen, noch nicht einmal genial gescheitert. Das Erstaunlichste an diesem brandaktuellen, im Detail immer wieder treffenden Potpourri ist, wie monoton es trotz wildester Tonschwankungen durchgehend bleibt. Als politischer Befund überzeugt „Il Caimano“ dann auch weniger denn als Ausdruck eines umfassenden (nicht zuletzt künstlerischen) Ohnmachtgefühls. Damit lässt sich nur leider weder politisch noch privat viel bewegen.