Staatsoper

Karl Schwamberger legt relativ unbescheiden rasch nach seinem Debüt »Walzerkönig« ein ausladendes Doppelalbum vor, das er beinahe im Alleingang fabriziert hat.

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Am erstaunlichsten dabei erscheint, dass ihm bei Beibehaltung seiner Trademark – der Verquickung von Schlager-Pathos mit Pop-Avantgarde – der Schmäh nicht ausgeht. Aus am Papier unvereinbar geglaubten Ingredienzien baut er tatsächlich schlüssige Songs mit meist mehr, selten weniger eindeutigen Texten zur Lage von Nation/Welt. Ein Zitat könnte jetzt nur willkürlich ausgewählt werden. Schwamberger jongliert seine Phrasen auf Dauer des gesamten Werks mit langem Atem immer wieder herum und erzielt seinen Effekt erst im Ganzen. Ein echter Renaissance-Mann, der mit Ouvertüren, motivischen Variationen und einem summierenden finalen Statement arbeitet. Bevölkert sind die Texte unter anderem von Ibsen, Deleuze/Guattari und Stevie Wonder, für ein wenig Yeats ist auch Platz. Neben den stets einfallsreichen Produktionsmethoden zwischen Klassikzitaten und gesampltem »Heimatkitsch« sorgen wenige Gäste für Abwechslung. Oliver Stotz ist an Wundergitarre und Mandola zugange, Martin Siewert mit Lap-Steel und Electronics, Jens Gero spielt Schlagwerk, und der Parkwächter Harlekin erhebt im Zentrum eine zweite Stimme. Als einsame Referenz fällt mir Robert Wyatt ein, der mit »Old Rottenhat« ähnliche Konzepte verfolgte. Wo Wyatt aber reduzierte und innerhalb seiner politischen Lieder sehr persönlich wurde, schichtet Schwamberger Block für Block auf und sucht statt des Ichs ein schwer zu definierendes Wir. Die offensichtlichen Hit-Angebote finden sich nicht, »Kapital Chacha« geht vielleicht durch. »Staatsoper« ist unzeitgemäß lang, schlecht downloadbar, nicht in einem Mausklick konsumierbar. Es ist eben, was es sein soll: ein ausuferndes Meisterwerk.

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