Machete

Beim Schnauzer-Abrasieren geschnitten
Der neue Rodriguez-Trashmix funktioniert sowohl als Kommentar zur amerikanischen Migrationspolitik als auch als Hommage an Danny Trejo, den Ehreninsassen jedes mexikanischen Gefängnisses. Aber am wichtigsten: der Film macht Spaß.

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Wenn im /Falter/ ein Interview mit Diedrich Diederichsen zu lesen ist, das dem Phänomen Lady Gaga auf den Grund gehen soll, auf der Frankfurter Buchmesse gleich mehrere Verlage ihre Comic-Neuerscheinungen unter dem Namen Graphic Novels präsentieren dürfen und die Viennale dem Filmemacher Larry Cohen eine Retrospektive widmet, ist das, was früher abschätzig als Trash bezeichnet wurde, in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wohlgemerkt ganz ohne den ironischen Gestus, der im Zuge der Hipster-Bewegung immer wieder auftauchte, wenn man sich zwar mittels stilistischer Abartigkeiten von der Masse abheben wollte, aber gleichzeitig mit einem Augenzwinkern demonstrieren musste, in Wahrheit genauso wenig Teil der Schnauzer und Trucker-Caps tragenden Unterschicht zu sein. Nein, Trash ist allerspätestens mit diesem Jahrzehnt, an dessen Anfang wir stehen, zu einem ernstzunehmenden Kulturgut geworden. Den Grundstein für diese Entwicklung legten unter anderem Quentin Tarantino und Roberto Rodriguez. Letzterer begann seine Karriere mit dem Mexiko-Klischee »El mariachi«, das er in Hollywood noch zwei Mal mit einer Starbesetzung variierte, bevor er 2010 zwischen zwei Kinderfilmen mit »Machete« wieder nach Mexiko zurückkehrt. Oder besser gesagt an die amerikanisch-mexikanische Grenze, die sowohl in der Realität als auch im Film von verrückten Bürgermilizen bewacht und von einem 1078 Kilometer langen Zaun geschützt wird.

Aufgrund einer Verschwörung muss der vom ewigen Nebendarsteller Danny Trejo gespielte Cop in den Vereinigten Staaten untertauchen und wird auch dort sofort wieder Opfer eines hinterhältigen Plans. Es soll ein Attentat auf einen korrupten, fremdenfeindlichen Gouverneur durchgeführt werden. Was Machete nicht weiß: Der Anschlag ist nur inszeniert, um den Mexikaner stellvertretend für eine ganze Volksgruppe als Sündenbock zu präsentieren. So weit, so gesellschaftskritisch. Was zwischen den Zeilen fehlt, sind Unmengen an amputierten Gliedmaßen, aufgeschlitzten Bäuchen, abgeschlagenen Köpfen und natürlich vollbusigen Oberweiten. Es ist dieser wahnsinnige Stilmix aus diversen Trash-Genres, in Erinnerung bleibenden Onelinern und aktuellen popkulturellen Anspielungen (zum Beispiel, wenn Lindsay Lohan ein reiches, verdorbenes und drogenabhängiges Töchterlein spielt), der den Film so sehenswert macht.

Auch für ein Viennale-Publikum, das den Film an einem Samstagabend um ein Uhr früh im ausverkauften Gartenbaukino johlend begrüßte und klatschend verabschiedete.

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