Schwer zu googlen, auch musikalisch gar nicht so leicht zu verstehen: das Kölner Trio MIT arbeitet sich intelligent an den elektronischen Übervätern Kraftwerk ab.
Je öfter man diese Platte hört, desto besser fügt sich das Cover in ihr Gesamtkonzept ein: Es suggeriert geometrische Strenge, etwa den Verlauf von Lichtstrahlen durch ein Glasprisma, gleichzeitig sind aber Pinselstriche sichtbar, die Farbdichte der Flächen variiert und legt etwas Menschliches nahe. In einem ähnlichen Spannungsfeld bewegt sich auch die dazugehörige Musik. Sowohl die maschinelle Kühle ihrer Synthesizer-Modulationen als auch die entrückt-distanziert vorgetragenen Texte orientieren sich stark an den Sound-Ästhetiken eines Kraftwerk’schen Krautrock. Dennoch kommt, etwa durch den Einsatz von analogem Schlagzeug, ein neuzeitiges organisches Moment hinzu. Die Mitglieder des Kölner Trios MIT, Sänger Edi Winarni, Keyboarder Tamer Özgönenc und Schlagzeuger Felix Römer, alle erst Anfang 20, scheinen die deutsche Musikgeschichte auf erstaunliche Weise verinnerlicht zu haben. Vergangene Touren führten sie bereits nach China, Indien und immer wieder nach Großbritannien, durch diverse Weblogs, Londoner Clubs und Vernissagen. „Nano Notes“ ist ihr zweites Album und dürfte nun endlich auch im deutschen Sprachraum für den verdienten Ruhm sorgen.
Dies ist keine Retro-Konzept, das durch die Verwendung von Krautrock-Anleihen auf Erfolg abzielt oder den Sound der Band durch Space-Disco-Funkyness gefällig zu machen versucht, dies ist eine ernst gemeinte, aber doch behutsam modernisierte Verneigung vor den Entwürfen der ersten deutschen Elektroniker. Einer der alten Helden stand dem Trio auch mit Rat und Tat zur Seite, der Künstler und frühere Kraftwerk-Musiker Emil Schult. Auf der anderen Seite war es Jas Shaw, seines Zeichens eine Hälfte des Electro-House-Pop-Duos Simian Mobile Disco, der die schrankgroßen Modularsynthesizer seines Londoner Studios zur Verfügung stellte und die Hauptproduktion des Albums übernahm. Dieses Spannungsfeld zwischen Alt und Neu spiegelt sich in fast allen Momenten in dem sehr klaren, minimalistischen Sound des Albums wieder. Moderne Electro-House-Ästhetiken durchsetzen behutsam die Synthesizer-Arpeggi von Stücken wie „Odenwald“; die mit Bedacht gesetzten Breaks und der zarte Pop der Gesangsmelodien verweisen ins 21. Jahrhundert, auch wenn der Fokus immer klar nahe an den Vorbildern bleibt. Und Textzeilen wie „Sind wir Kosmos sind wir oben / Zeitlos in Harmonie verwoben / Die Landschaft deucht vernichtet / Sie sagt: Hightech verpflichtet“ meint man sowieso direkt hinter den vier Kraftwerk-Robotern über die LED-Wand laufen zu sehen.