Das langersehnte Debüt des sibirischen Rekids ist housig und deep. Das genügt, wenn noch erstklassige Vocals dabei sind, oder?
„Pain in the Ass“ heißt die erste Single der mittlerweile Wahlmoskauerin, die aus der sibirischen Kälte in die russische Hauptstadt zog. Erschienen damals auf Matt Edwards aka Radio Slaves Label Rekids. Die Nummer war und ist nach wie vor ein Knaller. Deepe und düstere Tech-House-Loops, darüber die verführerische Stimme von Nina, die über den Schmerz am Hinterteil sinniert.
Nach ein paar EPs und Remixen hat Nina jetzt ihr Debüt ausproduziert. Wie es sich für die erste LP gehört, trägt das Album den Titel „Nina Kraviz“. Und ganz klassisch beginnt Nina mit einem Intro. „Walking In The Night“: träumerisch, zerbrechlich und ganz ohne Kick und anderes perkussives Blabla, leitet sie mit ihren Vocals und einem leicht Acid-artigen Synthesizer in die nächste Stunde ein.
Die weiteren Songs sind deep und Vocals-lastig. Nina Kraviz‘ Kunst ist es dabei, die Songs sehr unkonventionell aufzubauen. Im einzig bereits erschienenen Song „Ghetto Kraviz“, setzt die Kick in ungewöhnlichen Momenten ein, Vocalloops setzen gerade dann aus, wenn man es nicht erwartet, Basslines gibt es sowieso gleich unterschiedliche. Einen Anfang und ein Ende verlieren die Songs dadurch noch dazu. Anders als bei der Namensgebung und dem Aufbau des Albums, arbeitet sie in den Arrangements der Songs sehr unkonventionell. Delays und Reverbs lösen scheinbar Passendes im selben Moment wieder auf. Es hätte der LP gut getan, an bestimmten Stellen die Erotik etwas herunterzudrehen, damit der Zuhörer auch eine Chance bekommt, sich auf die guten Instrumentalwerke zu konzentrieren.
Jetzt könnte man einwenden, dass es sich hierbei um ein herkömmliches, der Zeit gemäßes House Album handelt, das von hunderten anderen hochgradigen Produzenten hätte produziert werden können. Könnte man … Bei Nina Kraviz geht es aber um ein Zigarette-rauchendes Gesamtkunstwerk. Sie repräsentiert weder den loopartigen, düsteren Rekids Stil, noch den eines anderen Labels, sondern ihren ganz eigenen.