OJ Simpson

History in the Making

Madlib hat nach diversen Label-Kollegen nun auch Guilty Simpson mit einem gänzlich von ihm produzierten Album veredelt. Stones Throw Records wird wieder legendär, doch diesmal abseits vom verstorbenen Säulenheiligen J Dilla.

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Madlib baut keine Beats zusammen. Er konstruiert mehrschichtige Landschaften. Verschiedene Einzelteile werden ineinander und übereinander geschichtet. 2010 heißt eines dieser Einzelteile Guilty Simpson, kommt aus Detroit und dominiert mit seiner tiefen Stimme zwölf von insgesamt 24 Tracks auf ihrem gemeinsamen Album „OJ Simpson“. Die übrigen 12 Instrumentals werden fast alle als „Interludes“ ausgeschildert, meinen aber weitaus mehr als bloße Zwischenspiele. Doch bevor Guilty erstmalig mit seinen routinierten Punchlines klarstellen kann, dass er bei Rap-Battles keine Gefangenen macht („O.J. Simpson“), gebührt der Auftakt („Prelude“ und „Introduction“) seinem Produzenten.

Knisternde Jazz-Bruchstücke, Filmdialogfetzen und andere Sound-Schemen addieren sich zu abstrakten Collagen. Gleich vorneweg empfiehlt sich Madlib erneut als Soundtrack-Komponist und Visionär für größere Zusammenhänge. Hier geht es nicht einfach um Beats und Raps, sondern um konzeptionelles Arbeiten. Zitate aus dem eigenen afroamerikanischen Kulturerbe werden nicht auf Randnotizen reduziert, sondern in Kontexten gestellt. Jazz, Soul, Funk, Blaxploitation-Kino und andere Entertainment-Referenzen (etwa an 70er Jahre Comedian Richard Pryor) bilden mit verspulten Synthesizern, polyrhythmischen Drum-Arrangements und pulsierenden Groove-Bässen ganze Klangkulissen.

Sampling als Technik popkultureller Aneignung ist nicht neu. Jedoch ist die Art und Weise, wie Madlib die Vielfalt der Inspirationen hier gleichzeitig kenntlich macht und in neuartige Texturen einschreibt, genauso außergewöhnlich wie großartig. Aus dieser spannungsgeladenen Atmosphäre sticht Guilty Simpson regelmäßig hervor, steckt sein Revier souverän ab und verschwindet dann wieder im großen organischen Ganzen. Manchmal dauert das gar keine zwei Minuten („Karma Of A Kingpin“), klingt aber nicht minder wirkungsvoll, als etwa das bedrohlich-fiebrige „Outside“ mit Strong Arm Steady. Ein ebenso bestechender Höhepunkt ist „Cali Hills“, die Ode an den 2006 verstorbenen Produzenten J Dilla. Er war es auch, der Guilty Simpson damals zu Stones Throw Records brachte. Dort kam wiederum Dilla-Vertrauter Madlib ins Spiel, produzierte Teile von Guilty Simpsons Debüt (2008) und nun das gesamte Zweitwerk. Damit hat er ihm und vor allem sich selbst ein Manifest geschaffen, dass den Fokus ein weiteres Stück weg von J Dillas Nachlass hin zu seinem Lebenswerk lenken sollte.

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