Keine andere Alternative-Rockband schreibt gleichermaßen kraftvolle und zärtliche Songs wie Biffy Clyro. Selbst ein Doppelalbum kann ihnen nicht viel anhaben.
Nachdem Biffy Clyro seit "Only Revolutions" praktisch ununterbrochen auf Tour waren, brachte sie die Rückkehr nach Hause an den Rand der Bandauflösung. In intensiven Live-Shows hatten sie sich leer gespielt, bis zur völligen Erschöpfung ausgelaugt. Glücklicherweise gelang "Opposites" schließlich dennoch, geriet mitunter aber auch zur therapeutischen Heilbehandlung. In völliger Isolation griff die Beschwörung des Mythos Band und mit ihr kam der Glaube an die gemeinsame Sache zurück. Praktisch aus dem Nichts entstand das Doppelalbum: 78 Minuten lang, 20 Titel umfassend. Nicht wirklich verkopft, aber natürlich etwas zu lange. Die anregende Wirkung dieser Katharsis überraschte auch die Plattenfirma, die neben dem Doppelalbum auch eine 14-Titel umfassende Edition auf einer CD veröffentlichte. Diese kämpft weniger mit den Längen, vermisst mit "Little Hospitals" und "Woo Woo" aber zumindest zwei ungeschliffene Kracher.
Musikalisch gesehen hat sich insgesamt nicht allzu viel Neues getan, was erst mal kein schlechtes Zeichen ist. Mit Ausnahme des mit Blechbläsern verzierten "Spanish Radio" bleiben die weiteren Höhepunkte des Albums, allen voran "Modern Magic Formula", "The Joke’s On Us" oder das Eröffnungsstück "Different People" im Rahmen des erwartbaren. Dennoch hat sich "Opposites" weiter dem Pop angenähert. Obwohl der fingerfertige und dynamische Start-Stop-Sound nach wie vor fiese Haken schlägt und damit wunderbar in kleine Rockclubs passt, sind es mittlerweile Stadien, in denen ihre Hymnen erklingen. Biffy Clyro beherrschen die große Geste aus dem Effeff und gehen den schmalen Grad zwischen aufmüpfiger Rockmusik und massentauglichem Zugang wie kaum jemand sonst. Manchmal kann sich das gar nach Snow Patrol anhören (z.B. "Biblical"), doch bereits im nächsten Titel wird mit einem gewaltigen Riff-Brett jeglicher Zweifel ausgetrieben.
