Die schwedische Musikerin Victoria Bergsmann konstruiert auf dem neuen Album ihres Projekts Taken By Trees mithilfe des Produzenten Henning Fürst einen flüchtigen, von allem entrückten Weltmusik-Pop, der nur mehr in der Wolke zuhause ist.
Anfang der Nuller-Jahre formierte sich im schwedischen Göteborg rund um das Label Service und Acts wie Studio, Air France oder The Tough Alliance eine Szene, die die Kühle und die hochentwickelte Geschmackssicherheit des Nordens in ein tropikalisches Licht tauchte und so eine Art neo-balearische Musik als perfekt ausgestaltetes Design-Objekt entwarf: Geschmeidig griffen hier zerdehnte Italo-Disco und sphärischer Synthie-Pop ineinander, umschmiegten sich aus dem Krautrock abgehörte Frühformen von „weichem“ Techno mit Indie-Pop der repetitiven Manchester-Rave-Schule. Nicht bloß aufgrund einiger herausragender Releases waren hier The Tough Alliance bemerkenswert: Der ostentativen Sanftheit ihrer Musik entgegenwirkend, gerierte sich das Duo in Interviews rüpelhaft, als Prankster vom Schlage KLF: Bei Live-Performances trat es zu Vollplayback auf und hantierte auf der Bühne lieber mit Baseball-Schlägern als zu singen. Auf ihrem eigenen Label Sincerely Yours vertrieben The Tough Alliance kugelsichere Westen. Über schnöde biografische Fakten oder den Arbeitsprozess innerhalb des Bandgefüges und anderes Langweiliges wollten sie nicht Auskunft geben. Die Musik ist, was sie ist.
The Tough Alliance haben sich mittlerweile aufgelöst, Henning Fürst, eine Hälfte des Duos, hat das neue, dritte Album von Taken By Trees produziert und zu großen Teilen aktiv mitgestaltet, bzw. Victoria Bergsmann, die Frau hinter Taken By Trees, hat sich von Fürst behilflich sein lassen. Über Zuständigkeiten, Rollenverteilungen und Arbeitsmaterialen ist wenig bekannt. Analog und Digital, diverse Weltmusiken, die hier nirgendwo mehr eine Verknüpfung zu ihrer Herkunft haben zu scheinen und bloß als leere Zeichen Verwendung finden, verschmelzen auf „Other Worlds“ zu einer völlig ortlosen, geisterhaften Meta-Musik. Dub, Calypso, tropikalischer Pop, Steel Drums, Percussions in Zeitlupe – darüber thront der verhuschte Gesang von Bergsmann, die sich für diese Platte von einem Trip nach Hawaii hat inspirieren hat lassen. Tatsächlich könnten wir hier aber auch genauso Kingston, Port-of-Spain oder Bristol hören. Es ist eine konstruierte Musik, die sich jeder Verbindlichkeit entledigt hat. Post-Internet, wie Frau Grimes eventuell einmal gesagt hat – hier ist es.