Parallax

Bradford Cox ist beflügelt vom stetigen Streben nach räumlichen, zeitlichen und historischen Alternativen. Sein dritter Wurf katapultiert ihn tatsächlich in ein selbst geschaffenes Science-Fiction-Genre.

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Mit »Parallax« hat sich das Deerhunter Mastermind hörbar von der Realität abgekapselt und sein bisher homogenstes Werk abgeliefert. Atlas Sound, sowohl Kreativpool für Deerhunter als auch Rückzugsnetz, fungiert bereits seit seinen Kindheitstagen als eigenbrötlerischer Skizzenentwurf, als intimer Selbstfindungstrip eines Besessenen mit massivem Back-Katalog im Gedächtnis und DIY-Produktionsethos in den Fingerspitzen. Dokumentiert in unzähligen 4-Track-Tape-Sessions hat das Atlas Sound-Oeuvre mittlerweile unüberschaubare Dimensionen angenommen, nachzuhören in der vierteiligen Bedroom Databank Recordings-Serie. Dabei reichen sich stets nostalgische Referenzspielereien und Zukunftsvisionen in Richtung Pop-Erneuerung die Klinke.

Manifestiert in den zwölf Tracks bietet auch »Parallax« diese anziehende Unentschlossenheit. Von Ambient über 60s Pop bis hin zu Shoegaze und Techno, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, mal ausgefranst und kaum zu fassen, mal in drei Minuten auf den Punkt gebracht. Wie bereits beim Aufnahmeprozess zum Vorgänger »Logos« wurde für »Parallax« das Studio zum Cox‘schen Schlafzimmer umgezimmert, um ein weiteres Mal unter der Leitung von Nicholas Fernhes (u.a. Animal Collective, Fisherspooner) die dem Atlas Sound-Projekt zugrundeliegende Homerecording-Ästhetik nachzubasteln, was sich teils in überraschend opulenten Arrangements niederschlägt, vor allem hör- und spürbar im Spiel mit Reduktion und Raum, was im verträumten Dreampopper »Doledrums« sehr gut zur Geltung kommt. So wird zum Beispiel das Ambient-lastige »Te Amo« von einem verhallten Disharmonica-Loop und plötzlich verpuffenden Synthmuster getragen, »Mona Lisa« präsentiert sich als eingängiger Twee Pop während die Abschlussnummer »Nightworks« als Hommage an die Goldkehlchen der Everly Brothers verstanden werden kann. »Parallax« ist der durchwegs gelungene Versuch eines besessenen Tüftlers, dem handelsüblichen Spiel mit Referenzen eine neues System und dem Umgang mit schier unüberschaubaren Outputs eine neue Ordnung zu geben.

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