Past Life Martyred Saints

Im Vergnügungspark der Unheimlichkeiten
Nachdem Bat for Lashes, Soap & Skin, Zola Jesus und Fever Ray mit ihrer Interpretation von musikalischer Dramatik und mysteriös aufgeladener Ideenwelt den Soundpool eröffnet haben, springt nun EMA auf den Zug in Richtung musikalischer Geisterbahn auf. Dabei beschwört sie jene der 90er und der konzeptuellen Unheimlichkeit.

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Erika M. Anderson, die ehemalige Sängerin und Gitarristin von den Gowns, deren Sounds von beruhigtem Noise und Feedbackwänden durchtränkt waren, emanzipiert sich nun mit ihrem Solodebüt »Past Life Martyred Saints« vom Bandkonzept, hält den atmosphärischen, weitläufigen Sound im Ansatz bei, stickt allerdings ganz groß Düsterkeit und den Smells-like-Teen-Spirit in das schwere Songkissen. EMA fusioniert den schon institutionalisierten Rockkanon mit aktualisiertem Darkpop-Gefühl und schwingt dabei noch allerhand romantische und teenagereske Reden: »I don’t mind dying« singt sie etwa mit zerbrechlicher Stimme über die mit Distortion versetzte Gitarre bei »California«. Begibt man sich auf Referenzsuche wird man bei EMA großflächig fündig: Die Geister von Nirvana und den Pixies sind bei »Antroom« zu spüren, die Herangehensweise von Patti Smith oder auch einer frühen Tori Amos schimmern durch einige der Songs hindurch und verleihen ihrer Musik eine gewisse Unkontrollierbarkeit. Man weiß nie was kommt, denn EMA macht einen großen Bogen um Genreeingrenzungen, unterläuft teilweise die gewohnten Bautechniken von Musikstücken. Die Sounds sind dabei sehr unterschiedlich gelagert, gerne zeichnen Brüche die Songs aus, sei es eingefügte Stille, rhythmischer Wechsel oder auch ein völliger Umsturz von musikalischem Gestus und Attitüde mitten im Song. So auch bei der grandiosen, wie herausragenden ersten Nummer des Albums »The Grey Ship«, bei der sie all ihre Songwriter-Fähigkeiten bloß legt, Stile mixt und ein für sich stehendes, zunächst banal anmutendes und doch im Hintergrund ausgeklügeltes Kunstwerk erschafft. Langsam lässt sie die Gitarren heranschweben, baut eine Songstruktur auf, die im Mittelteil zersprengt wird, um in einem leidenschaftlichen, mit warmen Drumkicks akzentuierten Kuriosum zu münden. Auch wenn »Past Life Martyred Saints« mit beflügeltem Ideenschatz beginnt, kann EMA das Niveau beim Rest der Songs leider nicht ganz durchhalten, diese werden aber niemals ganz von den guten Geistern verlassen.

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