Piramida

Efterklang wagen sich entgegen bisheriger Verspieltheit in ungekannte Gewässer – düster, pathetisch, ruhelos. Man möchte langsam darin ertrinken.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Es hat sich etwas verändert. Efterklang haben seit ihrem letzten Album „Magic Chairs“ (2010) unzählige Meilen zurückgelegt. Dies sei zuallererst metaphorisch gemeint, hat sich doch der charakteristische bunte Charme des Kopenhagener Trios beinahe in dunklen Nebelschwaden aufgelöst. Die Meilen sind jedoch auch wörtlich zu nehmen. Efterklang sind nach Piramida, einer verlassenen und mittlerweile zur Geisterstadt mutierten, ehemaligen Minenarbeiter-Kolonie im hohen Norden Russlands gereist, um sich inspirieren zu lassen, sowie die dortige Umgebung und deren Sounds einzufangen. Diese eisige Isolation, dieses trostlos scheinende Milieu haben zu all dem beigetragen, was „Piramida“ ist – ein kleines Meisterwerk.

Efterklang erleben während ihres vierten Albums einen Young Man Blues par excellence. Die gesamte Atmosphäre ist sachlicher und reifer als alles bisher Dagewesene. Bestimmend für diese ist bereits der Opener „Hollow Mountain“, in dem die warme Stimme Caspar Clausens teils beherzt, teils erschöpft über gekonnt feingliedrige elektronische Soundwellen schwirrt. „Apples“ passt sich mit melodramatischen Hörnern der schwermütigen Stimmung an, die mit „Sedna“ noch weitere Tiefen erreicht. Verhalten verschmelzen Vocals, leise Chöre und Basslinien ineinander, ehe sie langsam ermattet und überwältigt in der Dunkelheit ertrinken.

Inmitten des neu entdeckten Wehmuts und der alles ummantelnden Düsternis bringen es Efterklang auf „Piramida“ trotzdem auch zustande, Lichtblicke am vibrierenden Klanghimmel aufleuchten zu lassen. „Told To Be Fine“ und „The Ghost“ fungieren durch die harmonische Polyrhythmik als fantastische Hoffnungsanker zwischen all den großartig melancholischen Balladen und Dramen, die ihren Höhepunkt wohl im nachfolgenden Epos „Black Summer“ finden.

Das impulsive „Between The Walls“ besticht aber schließlich durch die Gratwanderung zwischen verspielten Melodien und gedämpften Vocals, die als einer der wirklich raren Momente auf „Piramida“ an die „früheren“ Efterklang erinnern, ehe das Finale „Monument“ wieder den heißkalten Ambient-Pop als roten Faden des gesamten vierten Albums aufgabelt und dann ganz langsam verblasst.

Efterklang verwurzeln sich mit „Piramida“ auf grazile Weise noch tiefer als umjubeltes und eigensinniges Unikat in der europäischen Musiklandschaft. Ganz groß!

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...