Der Feminismus kämpft nicht erst seit der ermüdenden Diskussion um das Binnen-I mit seinem angestaubten Image. Musik verbindet Menschen. Die MA57 bittet deshalb zum Tanz.
»Musik als Mittel des Widerstandes gegen etablierte Denkmuster«. Die MA57, die Frauenabteilung der Stadt Wien, will mit dem Projekt auf einen Zug aufspringen, mit dem schon der FM4-Protestsong-Contest gut gefahren ist. Die Idee: Junge Künstlerinnen – u.a. Mika Vember, Mieze Medusa und Squalloscope – singen alte Arbeiterinnen-Kampflieder neu ein. Ein Problem: Die sozialistische Ideologie der historischen Arbeiterbewegung gehört gerade in Österreich schon längst zum guten Ton, Frauen dürfen seit bald einem Jahrhundert wählen. Was aber auf den ersten Blick anachronistisch anmutet, entpuppt sich spätestens am Equal Pay Day als leider immer noch relevantes Thema. Gerade heute. Gerade in Österreich. Gerade weil man damit den ewigen Feminismus-Beschwichtigern (»Ich hab ja nichts gegen Gleichberechtigung, aber …«) trotzen muss, die nach der Dritten Frauenrechtsbewegung eine Demontage der Rolle des Mannes wittern.
Manches auf »Re:composed – ArbeiterInnen- und feministische Lieder« fällt ab. Aber sagen wir, der Wille zählt. Die Songs reichen von melancholisch bis tanzbar. Stefanie Sourials Version von »Bella Ciao« oder das von Catch-Pop String-Strong (ein Cello-Viola-Duo) eingesungene »La Lega« sind beide im Original italienische Landarbeiterinnen-Lieder. Die beschwingten Rekompositionen lassen die durchaus kämpferischen Texte aber geradezu leicht klingen. Auch Mimus Spielart von »Auf, auf zum Kampf!« verpasst Berthold Brechts Original in xylophonischer Kinderlieder-Manie die für heutige Verhältnisse nötige Portion Ironie.
Allen Rekompositionen gemein ist übrigens die minimalistische Vortragsweise, die oft mit weniger als zwei bis gar keinen Instrumenten auskommt. Das unterstreicht auch den Plan, mehr ein politisches Statement zu vertonen als eine euphonische Sternstunde. Um »yet another Emanzending« handelt es sich unterm Strich trotzdem nicht. Viel mehr ist dieses Projekt als ein Pamphlet für geschlechterübergreifenden Humanismus zu verstehen. Das machen schon Agenda Lobkov klar, die gleich zu Beginn singen: »Femininity, what‘s femininity? Masculinity, what‘s masculinity? It‘s humanity that we both share!«