»33 1/3 Jahre Pop« in 73 Texten von 51 Autoren und einem lesenswerten Vorwort. Die Spex-Nachlese trifft ihr Sujet punktgenau, lässt Fans schwelgen und Kritiker hassen.
Der erste Absatz des Vorwortes von Max Dax endet mit dem oft gelesenen Clara Drechlser-Zitat »Es gab nur zwei Lager: Wir selbst und die Doofen.« An dieser Einstellung, die auch Diederichsen in »Sexbeat« 1985 und 2003 so perfekt auf den Punkt bringt, liegt vieles, für das Spex geliebt und gehasst wird. Unumstritten hat das Magazin, gegründet 1980 aus einem Versuch der Selbstermächtigung und der Verschränkung von Musik (meint hier immer auch Kunst, etc.) und Leben (RAF, Gründung der Grünen, Punk), etwas Neues geschaffen. Eine Sprache und einen Blick entwickelt, die bis heute nicht nur den Feuilleton prägen, sondern viel davon, wie im deutschsprachigen Raum über Pop gedacht, gesprochen und geschrieben wird. Inklusive einem nicht immer geschickten und nötigen Hang zu Akademisierung und Intellektualisierung. In diesem und der nach außen getragenen Position der Selbstermächtigung liegt auch der bis heute mitunter heftig geäußerte Kritikpunkt, dass es sich dabei in erster Linie um sich selbst zu wichtig nehmendes Halbwissen dreht. Ein Vorwurf, der trifft, aber vernachlässigt, dass sowohl die Macher des Blattes als auch die Leser sich dieses Umstandes sehr wohl bewusst sind. Und dass dies im Universum von Pop (ein wichtiger, viel diskutierter Begriff in der Geschichte der Spex) ein essentieller Bestandteil ist. Pop kann sich selbst gar nicht wichtig genug nehmen. Und die Berichterstattung darüber auch nur bedingt: Eine Behauptung hat den gleichen Stellenwert wie ein Argument oder gar der Versuch eines Beweises. Sowohl das Vorwort als auch die Texte selbst bieten dann einen Streifzug durch alle Phasen der Spex – mit Hinweisen auf die hier immer wichtigen Chefredakteure und die Eigentums- und Marktverhältnisse. Die Texte schreiben aus ihrer jeweiligen Zeit über Joy Division, Simple Minds, Madonna (1983), Beastie Boys, Techno, viele andere Bereiche von Kunst, Musik, Popkultur und letztlich Spex selbst. »Spex – Das Buch« trifft den Kern des Magazins im Laufe der Zeit und ist damit alles, was eine solche Nachlese sein kann. Es erinnert Leser und Fans daran, warum sie das Magazin begleitet haben oder begleiten. Und Kritiker daran, warum sie es immer für so unglaublich falsch hielten. Alles andere wäre ein Aufweichung und Abweichung und damit nicht angebracht.