Take my breath away

Langer Atem ohne Frischluft!?
Der brasilianische Minimal-Schmeichler Gui Boratto stellt sich euphorisch dem verflixten zweiten Album. Er schießt dabei etwas übers Ziel hinaus und schlägt gleichzeitig im Sturzflug in dieselbe Presche wie auf dem Vorgänger. Seine Hit-Quote wird das nicht mindern.

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Zwei Jahre ist es nun schon her, seitdem Gui Boratto mit seinem ersten Longplayer „Chromophobia“ auf dem für elektronisch-minimalistische Popmusik bekannten Label Kompakt für Furore sorgte und zum DJ/Produzenten-Superstar avancierte. Er prägte mit diesem Album den Begriff Neo-Trance-Pop wie kein Zweiter und das aus gutem Grund. War er doch der Erste, der in dieser Ausprägung Technotracks mit der ganz großen Pop-Geste anreicherte und auch vor 80er-Hit-Patterns nicht zurückschreckte. Diese unübliche Gelassenheit mit Zitaten und Strukturen zu spielen und dabei melodische und harmonische Treffsicherheit zu beweisen, wurde allerorts mit Zuspruch, hohen Verkaufszahlen und Chartplatzierungen belohnt. Boratto, der sich sein Geld auch als brasilianischer Pop-Produzent verdient, hat begriffen, dass dieser Sound zum Trademark geworden ist. So lässt sich über weite Strecken auch sein neues Album mit dem Titel „Take My Breath Away“ verstehen. Ja, es klingt und gestaltet sich vom Aufbau her fast deckungsgleich zum Vorgänger.

Eine Weiterentwicklung oder eine kritische Auseinandersetzung mit dem Erfolg des bisherigen Stils vermisst man. Streckenweise will der in Sao Paulo geborene Musiker zu hoch hinaus, wenn er uns einen Track nach dem anderen mit demselben Hit-Appeal auftischt. Nichtsdestotrotz versammeln sich wieder mehrere Clubkracher und etliche feine Popsongs auf dem Album des gelernten Architekten. Schlüssig und passend werden kaleidoskopische Pop-Melodien im Trance-Gewand an wärme Kick-Drums gezimmert und schmeichelnde Pop-Elemente mit deepen minimalistischen Techno-Kinkerlitzchen kombiniert. Eine schöne und runde Sache wäre das eigentlich, wenn es einem nicht so verdammt bekannt und schon gehört vorkäme. Gui Borattos Erfolg wird dies aber freilich keinen Abbruch tun, denn ebenso wie „Chromophobia“ funktioniert „Take My Breath Away“ wieder vorzüglich in der Disco und gleichsam beim Kuscheln in den eigenen vier Wänden, auch wenn es nach schon getragenen Socken riecht.

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