The Politics of Envy

Im Jahr 2012 schreit man wieder wütende politische Parolen. Mark Stewart hat darin jahrzehntelange Erfahrung und er weiß auch, wie sie klingen müssen, damit sie gehört werden: gnadenlos brachial.

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Er wurde schon als »Poet of Paranoia« bezeichnet. Und in der Tat: Wohlfühlen konnte man sich in seiner Musik nie. Ob mit The Pop Band oder Maffia: Mark Stewarts Markenzeichen war immer, dass er sich an Stilen bedient, aus denen andere leichte, tanzbare Musik machen. Er hingegen deutet Black Music in Richtung einer kalten und sperrigen Industrieästhetik um. Die schneidende Stimme, mit der er seine sloganhaften Botschaften skandiert, tut ihr übriges. Auf »The Politics Of Envy« lässt Stewart und Dub- und Funkelemente schockgefrieren, jagt sie dann mit voller Wucht durch die Verstärker und lässt sie an Betonwänden zersplittern. Die elf Tracks spannen einen Bogen von apokalyptischem Dancehall wie etwa bei »Codex« oder »Apocalypse Hotel«, bis zu Politdisco in vollkommen überzeichneter Eurobeat-Manier wie bei »Baby Bourgois«. Die Liste der Gastmusiker im Booklet von »The Politics Of Envy« ist der Beweis für den Einfluss, den Stewart seit drei Jahrzehnten auf die Musikszene hat. Bei der Single "Autonomia" unterstützen ihn Primal Scream mit ihren kreischenden Gitarren. In dem Song thematisiert er den Tod von Carlo Guilani, der 2001 bei den Demonstrationen gegen den G8 Gipfel in Genua von einem Carabiniere erschossen wurde. Für »Gang War«, ein Dub-Ungetüm der Sonderklasse, hat er sich Lee »Scratch« Perry ins Studio geholt. Weitere Namen auf der Kooperations-Liste sind Keith Levene von Public Image Ltd., Tessa Pollitt von den Slits, US Punk-Legende Richard Hell, Daddy G von Massive Attack oder der Filmemacher Kenneth Anger.

Stewarts Nonkonformismus hat seine Wurzeln in der Punkbewegung der 70er Jahre. Seine fundamentale Kritik an Politik und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen fallen im Jahr 2012 scheinbar wieder auf besonders fruchtbaren Boden, obwohl Mark Stewart wie nur wenige seiner Zertrümmerer-Kollegen der 70er seine fundamentale Kritik eigentlich immer sehr scharf formulierte und auch sound-technisch nie Zugeständnisse machte. Zumal sein massiver Dub-Funk absolut zeitgemäß ist.

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