Rone ist erwachsen geworden und erweitert einmal mehr das französische Elektrorepertoire, diesmal um trancige Träumereien.
Kulinarisch spielt Frankreich schon lange in der ersten Liga. Musikalisch ließ sich der französische Output lange Zeit unter Chansons à la Edith Piaf subsumieren. In den 80er Jahren dann tat sich eine frankophile HipHop-Szene auf. Ein Jahrzehnt später entdeckten die Franzosen in Folge des europaweiten Siegeszuges von Eurodisco eine neue Nische für sich: French House, auch bekannt als "New Disco“, "French Touch", „Tekfunk“ oder "Filter House". (Letztere Bezeichnung kommt nicht zuletzt vom charakteristischen „Filter-Effekt“ der französischen Vorreiterband Daft Punk.) Massentauglich wurde dieses Genre Anfang der Nullerjahre durch Bands wie Stardust, Cassius oder Bob Sinclair.
Mittlerweile hat sich French House in mehrere Untergruppen aufgeteilt, die längst nicht alle so hysterisch „Mainstream!“ schreien, wie David Guetta dies tut. Erwan Castex etwa – mit dem klingenden nom de plum Rone – liefert verlässlich elektronische Delikatessen, an denen sich auch Kritiker schwer satt hören können. Sein Talent für die technoiden Klangkünste entdeckte der ehemalige Filmstudent schon früh, hielt sich aber zunächst als Regieassistent und Set-Dekorateur über Wasser. In den letzten Jahren seit der Veröffentlichung seines ersten Erfolgsalbum „Spanish Breakfast“ erlebt Castex dann zwei bahnbrechende Ereignisse: Er feiert seinen 30 Geburtstag und übersiedelt von Paris nach Berlin.
Rone wird also erwachsen; und das hört man auch. Sein aktuelles Album „Tohu Bohu“ nimmt der „berlinophile“ DJ („Ich bin nicht wirklich wegen der Musik hierher gezogen. Ich habe mich verliebt in diese Kombination aus Gelassenheit während des Tages und des überschäumenden Temperaments bei Nacht.“) in seiner neuen Wahlheimat auf, nennt den ersten Track des Albums „Tempelhof“. Den Schaffensprozess umschreibt Rone so: „In den letzten drei Jahren habe ich mich selbst verloren und wiedergefunden. Ich habe gearbeitet wie ein Verrückter; drei Jahre voller Zweifel aber ebenso Enthusiasmus. Während dieser Zeit habe ich gelernt das Chaos in mir zu strukturieren.“
Die fieberhafte Ruhe, die Rone an Berlin so zu schätzen weiß, versucht er auch auf „Tohu Bohu“ einzufangen. Sein neuer Sound traumtänzelt irgendwo zwischen melodischem Techno, hypnotischer Ambient- und teilweise tanzbarer Meditationsmusik. Vereinzelt spielt er dabei auch mit Elementen aus dem HipHop-Genre, in welchem Erwan als Teenager erste Erfahrungen sammelte. „Let’s Go“, in Kollaboration mit High Priest, ist ein besonders eingängiges Beispiel hierfür. Trancige Tracks wie "Bye Bye Macadam", „Fugu Kiss“ oder „Parade“ haben das Zeug, nicht nur auf den nonkonformistischen Tanzflächen zwischen Paris und Berlin einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. In diesem Sinne: Liberté. Égalité. Fraternité. Danser!