Kapitulation? Rekapitulation!
Der Kollektivfilm »#unibrennt – Bildungsprotest 2.0« fasst die Geschichte der Audimax-Besetzung bündig und – ja, doch – aufwühlend zusammen.
Wenn ein Jahr nach Beginn der Audimax-Besetzung ein Film in die Kinos kommt, der die verblüffende Entwicklung der österreichischen Studierendenproteste im Herbst 2009 aus der Sicht der Besetzer rekapituliert: Wie soll man das auffassen? Als Geste der Selbsthistorisierung, vielleicht sogar als Nachruf, wie die Kollektiv-Doku »Arena besetzt«, die 1977 aus einem Jahr Abstand die Ideale, aber auch das unrühmliche Ende der Wiener Arena-Besetzerbewegung nachvollzog? Auch die Audimaxisten mussten weichen, die öffentliche Aufmerksamkeit für Bildungsfragen ist abgeflaut. Der Dokumentarfilm zur Bewegung ist dennoch weder ein Abgesang geworden noch ein Lagerkollerdrama (trotz einer bedrückenden Szene mit Nikolausbesuch im Audimax), sondern vor allem das Lebenszeichen eines nach wie vor bestehenden Netzwerks, das seinen Platz in der Medienöffentlichkeit nun mit anderen Mitteln einfordern muss.
Entsprechend dem basisdemokratischen Auftreten der Protestierenden werden als Regisseure geschlossen die Audimaxisten-Arbeitsgruppe Doku sowie die Produktionsfirma coop99 genannt. Von der AG stammt auch ein großer Teil der über 900 Stunden Videomaterial, auf deren Basis dieser ziemlich kompakte eineinhalbstündige Überblick über Chronologie, Organisation und Wirkung der Bewegung entstand. Dramaturgie und Montage bauen schlüssige Ketten (schön: eine Assoziation, die vom Schiller-Lesen in der Volxküche zur Stürmung des Burgtheaters führt). Aber angesichts des Spektrums an angeschnittenen Themen – die politischen Anliegen der Studierenden, die alltägliche Organisation des Protests, Außenwirkung und (Nicht-)Reaktion der Politik, die internationale Expansion und Vernetzung der Proteste – bleibt vieles kursorisch: Genug, um sich wieder zu ärgern über die Aussitz-Strategie von offizieller Seite, aber zu wenig, um den Rückblick aus dieser kurzen Distanz noch einmal entscheidend zu verschieben.
Kontur und Dichte gewinnt der Film vor allem als Dokumentation des schieren Einfallsreichtums, mit dem die Protestierenden sowohl Social Media nutzten als auch die traditionellen Medien aktionistisch bedienten, ohne sich beiden völlig auszuliefern. Das vielgelobte Geschick der unibrennt-Bewegung im Umgang mit Medien zeigt sich hier nicht bloß als alerte, brav kreativarbeiterische Umtriebigkeit in diversen Kanälen, sondern gerade auch im Verweigern gewisser Mechanismen von Selbstrepräsentation und Verfügbarkeit: So schildert der Film zwar jeden Stargast und jede Expertin per Insert aus, aber die Protestierenden selbst bleiben konsequenterweise eine Serie von namenlosen Gesichtern, die eloquent das Wort ergreifen, um dann wieder im Kollektiv zu verschwinden.