Es liegt nur ein schmaler Grat zwischen balladesk und depressiv, zwischen mysteriös und unheimlich. Rebekka Karijord wandelt mit ihrem vierten Album unsicher auf ebendiesem.
Seit einiger Zeit zeichnet sich in der weiblichen Singer-Songwriter-Szene eine neue Richtung ab, die zwar ausgesprochen subtil, aber trotzdem nicht ganz unsichtbar kam. Fiona Apple hat es mit ihrem aktuellen Longplayer gezeigt, Cat Power und PJ Harvey ebenfalls schon – um nur ein paar der großen Frauenstimmen im musikalischen Universum zu nennen. Die Instrumente und Effekte werden oft bis auf ein Minimum zurückgeschraubt, während die Vocals dadurch immer stärker in den Mittelpunkt rücken und somit selten so druckvoll, so bestimmt und so selbstbewusst geklungen haben. Die Norwegerin Rebekka Karijord lässt sich ebenfalls von dieser neuen Richtung weisen und hat ein Album kreiert, das einen schlüssigen Gesamteindruck eher schwierig macht.
Während der Opener „Prayer“ durchaus vielversprechend und etwas verspielt nach Bat For Lashes 2009 klingt, stellt die Single „Use My Body While It’s Still Young“ bereits den ersten gruseligen Meilenstein auf „We Become Ourselves“ dar. Sieht man schließlich auch noch das dazugehörige Musikvideo, in dem Rebekka Karijord nicht nur Davy-Jones-mäßig auf einer merkwürdig geformten Orgel spielt, sondern die 75-jährige Tänzerin Siv Ander einen Ausdruckstanz der Extraklasse hinlegt, kann bei Zartbesaiteten plötzlich schnell sämtliches Körperhaar emporragen. Brr. So natürlich und faszinierend die auf dem Album oftmals thematisierte Vergänglichkeit des menschlichen Körpers auch sein mag, so befremdlich ist sie auch. Nichts für ungut.
Der nachfolgende Titeltrack „We Become Ourselves“ sowie „Oh, Brother“ klingen schwerfällig und beinahe schon suizidal, wonach „Your Love“ mit seiner sprunghaften Sinnlichkeit und den die Seele liebkosenden Streichern im Vergleich eine richtiggehende Uptempo-Nummer darstellt, obwohl auch dieses Stück in Isolation unzweifelhaft eine klassische Ballade ist – so wie die nächste und übernächste und überübernächste Nummer. Eintönigkeit macht sich also eigentlich schon gegen Mitte des Albums breit. Depressiv wird man auch schnell.
„We Become Ourselves“ ist ohne Frage ästhetisch – vor allem, wenn man die Dosis auf beispielsweise zwei Lieder pro Tag einschränkt. Die Stimme ist ja wirklich großartig, aber die vollen zehn Songs auf einmal zu hören, ist trotzdem keineswegs zu empfehlen. Besonders jetzt nicht, in Zeiten der gerade allgegenwärtigen Herbst-Winter-Depression.