Whore’s Glory

Das Leben ist keine Hure
»Whores’ Glory« zeigt den erbarmungslosen Alltag von Frauen, die ihre Körper verkaufen, um menschenwürdig leben zu können. Regisseur Michael Glawogger bewahrt ihre Würde mit sensibler Ästhetik und berührt mit brutalen Realitäten.

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Die Leinwand zeigt zwei Huren aus Bangladesch, die vielleicht vierzehn Jahre alt sind und mit müden, aber stark geschminkten Kindergesichtern von der Traurigkeit des Lebens im Bordell erzählen. Szenen wie diese bleiben unweigerlich in Erinnerung. Auch wenn sie bewusst kurz gehalten sind und sich problemlos zwischen stimmungsvollen Musikvideosequenzen und sanften Umgebungsaufnahmen einreihen. Schon nach kurzer Filmdauer beweist Michael Glawogger, dass er sein Dokumentarfilmhandwerk außergewöhnlich gut beherrscht. Wirklich erschreckend sind in »Whores’ Glory« aber die gezeigten Männer. Wenn sie armselig von sexueller Abwechslung oder Verliebtheit erzählen, die ihnen bei ihren eigenen Frauen fehlen würde. Oder wenn sie offenkundig geizig um Preise feilschen und Rabatte erflehen.

Glawogger hat drei sehr unterschiedliche Schauplätze gewählt: Thailand, Bangladesch, Mexiko. In drei entsprechenden Kapiteln gegliedert, erzählen alle drei die gleiche Geschichte von weiblicher Prostitution und männlicher Dominanz. Hoffnungen und Kräfte werden in diesen religiös stark geprägten Erdteilen aus spirituellen Riten geschöpft, auch von Sexarbeiterinnen. Auch hier betont »Whores’ Glory« die globalen Lebensumstände dieser Frauen. Religiöse Moralvorstellungen verhindern dabei höchstens einzelne sexuelle Praktiken – z.B. wenn Huren in Bangladesch keinen Oralsex praktizieren sollen, damit der Mund dem Koran vorbehalten bleibt. Doch patriarchale Strukturen bestimmen den Preis und Wert von Frauen im gläubigen Normalzustand. Während in den Schwellenländern Thailand und Mexiko die betroffenen Frauen zumindest teilweise noch Perspektiven auf selbstbestimmte Biografien zu scheinen haben, haben die Mädchen und Frauen im unterentwickelten Bangladesch kaum eine Wahl. Nicht selten direkt hineingeboren in das Gewerbe, gebunden an die unbarmherzigen Regeln hierarchischer Zuhälterei, wird Prostitution zur Überlebensnotwendigkeit.

»Whores’ Glory« nimmt seine Protagonistinnen sehr ernst, lässt sie weinen, lachen und über ein Leben triumphieren, dass sie nur ficken will. Glawogger lässt seine Sequenzen atmen, gibt seinen Bildern Raum und taucht sie mittels subtil brodelndem Soundtrack in eine Atmosphäre, die weder Mitleid abverlangt, noch seine Figuren reißerisch zur Schau stellt. »Whores’ Glory« steht den Prostituierten dieser Welt bei und bleibt realistisch, ohne sie ihrer Würde zu berauben.

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