Wolfgang Amadeus Phoenix

Zukunftsmusik als Klassiker

Das neue Album der französischen Band Phoenix hallt mehr nach House als nach Garage und klingt dabei so keck, unbeschwert und liebenswürdig, wie es nur gereifte Popsongs tun können.

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„This is showtime“ oder „like a riot“ heißt es mehrfach in „Lisztomania“, dem ersten Song des neuen Albums von Phoenix. Spätestens, wenn nach ausführlichen vier Minuten dann die futuristisch dicken Synthesizer-Bässe von „1901“ folgen, spürt man, dass man gerade (wieder) dem koketten Charme ihrer neuesten Singles erliegt. Das Unverschämte dabei: Die freundliche Übernahme passiert mit so einer einnehmenden Leichtigkeit, dass jeglicher Widerstand, auch gegenüber den sieben noch kommenden Oden, unnötig erscheint. Dabei dürften die Aufnahmen zum neuen Werk nicht so leicht gewesen sein. Im Gegensatz zum relativ schnell eingespielten Vorgänger „It‘s Never Been Like That“, hat der Produktionsprozess von „Wolfgang Amadeus Phoenix“ beinahe zwei Jahre gedauert. Wie schon beim Debüt, sind die vier erneut mit ihrem langjährigen Freund Philippe Zdar – seines Zeichens erste Hälfte der Pariser House-Pop-Formation Cassius und angeblich fünftes Mitglied der Band selbst – ins Studio gegangen. Dieser hat ihnen ein klangliches Gewand geschneidert, das mit den R’n’B-Experimenten ihrer Anfangstage wenig zu tun hat und etwa auch The Whitest Boy Alive gut stehen würde. Selbst wenn der House-Gehalt bei Letzteren viel höher ist, so haben dank Zdar nun auch Phoenix einen dichteren und unbeschwerteren Klang.

Über die Jahre hat das Quartett ein gesteigertes Selbstbewusstsein aufgebaut, das sich nun in ihrem geschärften Profil eines trittfesten Tanzboden-Pop niederschlägt. Upbeat-Rhythmen, rollende Bässe, zackige Gitarren und ein Synthie-Klangteppich, der entweder im Hintergrund dröhnt oder im Vordergrund pfeift. „The last record was about our present, this one is about our future" – so beschreibt Sänger Thomas Mars das neue Album und diese Zukunft klingt deutlicher nach Disco als nach Klassik. Das Aufgreifen von Komponisten (siehe Liszt bzw. Mozart) und Ikonografien (siehe Albumcover), ist als humorvolle Umdeutung zu verstehen und gleichzeitig auch bezeichnend für den künstlerischen Zugang der Band. Das gereifte Selbstverständnis erlaubt es, bei intelligentem Einsatz von repetitiven Pop-Motiven eine Geschichtsstunde ebenso einzuleiten wie die /showtime/. Schelmischen Schritte und klanglicher Feinschliff, bis hin zum /riot/? Ein mitreißender Gang, bei dem man sie gerne begleiten möchte.

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