Wounded Rhymes

Licht und Schatten
Die schwedische Pop-Sängerin Lykke Li hat jegliche juvenile Zurückhaltung abgelegt und spielt auf dem wenig fragilen Zweitwerk mit der dunklen Seite der Macht. Das verspricht natürlich Erfolg.

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Vor drei Jahren debütierte die kosmopolitisch veranlagte Lykke Li Timotej Zachrisson mit »Youth Novels«, einem zwar vorsichtig, aber ebenso ungezwungen anmutenden Erstling, getragen von sanften Rhythmen und Lis markanten Vocals. Vergleichsweise rare öffentliche Auftritte, von einer gewissen Distanziertheit geprägt, und ein Beitrag auf dem »Twilight«-Soundtrack (»Possibility«, eine Ballade) bereiteten den Nährboden für ein Album, das Durchbruch ruft.

Trotz schillernder Kontraste zieht sich ein dunkler Faden durch »Wounded Rhymes«. Schmerz trägt bekanntlich vielerlei Gewänder, zum Auftakt des Albums schlüpft er in sein Buntestes und lädt zum Tanz. Dabei wirkt der schwere Popmantel, hinter dem sich das jugendlich-trotzig dahinstampfende »Youth Knows No Pain« verbirgt, etwas abgetragen. Überladenheit steht der 25-Jährigen nur bedingt, ihre Stärken offenbaren sich in der Reduziertheit, die nicht ganz verloren gegangen ist.

Wie auf dem sphärisch-getragenen »Love Out Of Lust« und gleich anschließend über einer kleinen Gitarrenmelodie und vorsichtigen Percussions dahinschwelgenden »Unrequited Love«. Manchmal übertreibt sie es aber mit der Kontrastierung. Voluminös und flächig instrumentiert wird es bei »Sadness Is A Blessing« übel kitschig. Da schnieft die »Twilight«-Zielgruppe und greift zu den Taschentüchern. Alle anderen werden mit darauf folgenden, sechsminütigen »I Know Places« wieder versöhnt. Sanft und doch bestimmt lockt Li uns auf Wege, nimmt uns an der Hand und führt uns, begleitet von einer vorsichtig gezupften Gitarrenmelodie in die höheren Sphären der Zwischenmenschlichkeit, »where the highs won’t bring you down, babe«. Nach vier Minuten ist das Ende des Gipfelpfades erreicht, Stimmen verstummen und versinken gemeinsam mit den Wanderern in wohltemperierten Klangteppichwolken, die sich längst im Tal breit gemacht haben.

Dass Kanye West, der ungekrönte Meister im Über-Das-Ziel-Hinausschießen, sich als Fan von Lykke Li tituliert hat, scheint ob Lis leichter Verschrobenheit und ihrer außergewöhnlichen Variabilität, die sich schlussendlich doch immer auf hohem Niveau bewegt, wenig verwunderlich. Um Lykkes Licht muss man sich also weder in der temporären Dunkelheit, noch in der ungewissen Zukunft sorgen. Mit Sicherheit.

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